Bremen..


Für RTL ist es ein „Experiment“, die Opferschutz-Organisation „Der Weiße Ring“ nennt es „ungeheuerlich“. In der am Montag gestarteten – bisher allerdings nicht besonders erfolgreichen – TV-Show „Henssler hinter Gittern“ brutzelt und brät der TV-Koch mit „schweren Jungs“ in der Justizvollzugsanstalt Bremen. Einer seiner Koch-Azubis ist Van Hiep V. Er war 2007 an der Hinrichtung von sieben Menschen in einem China-Restaurant beteiligt, die als „Massaker von Sittensen“ in die deutsche Kriminalgeschichte eingegangen ist. Für Uwe Kolmey, Präsident des damals federführenden Landeskriminalamtes Niedersachsen, ist das nicht nachvollziehbar: „Jetzt wird diesem Täter als Stargast der Koch-Show von RTL eine Bühne geboten.“

Der Sender sieht das – nicht ganz überraschend – völlig anders. Es gehe nicht darum, „Straftätern eine Bühne zu geben, sondern darum, inhaftierten Straftätern eine Chance auf Resozialisierung zu bieten”, heißt es in einer Stellungnahme von RTL. Da kann Rainer Bruckert, Landesvorsitzender des Weißen Rings in Niedersachsen, nur lachen. Für ihn hat die Koch-Show mit Schwerkriminellen nichts mit Resozialisierung zu tun. Stattdessen spricht er von einer „perfiden PR-Maßnahme“, die ihn „furchtbar zornig“ mache. „Die Opfer und deren Angehörige werden völlig vergessen.“ In Sittensen überlebte die heute neunjährige Tochter des Restaurant-Betreibers. „Was glauben Sie“, fragt Bruckert, „wie sie sich fühlt, wenn sie das sieht?“ Zumal der jetzt kochende Vietnamese kein Handlanger gewesen sei. „Der Mann stand im Blut“, weiß Bruckert, der damals noch in Diensten des LKA ermittelte.

Jörg Lockfeldt, Abteilungsleiter Strafvollzug beim Bremer Justizsenator und damit zuständige Genehmigungsbehörde für den Dreh im Knast, zeigte sich gestern trotzdem „überrascht“ von der Kritik. Er habe sich zwecks Informationsbeschaffung das englische Original „Gordon behind Bars“ angesehen und keine Bedenken gehabt.

JVA-Chef steht zur Entscheidung

Was vielleicht auch daran liegt, dass Starkoch Gordon Ramsey – ganz anders als Steffen Henssler – eher mit Kleinkriminellen den Kochlöffel schwang. Um die Auswahl der deutschen Kandidaten, sagt Lockfeldt, habe er sich nicht gekümmert.

Das hat Carsten Bauer gemacht, der Leiter der JVA Bremen. Und er steht zu seiner Wahl. Auch im Fall von Van Hiep V. „Wir hätten ihn nicht nehmen müssen.“ Man habe den Vietnamesen aber für einen geeigneten Kandidaten gehalten. „Ich kenne den Gefangenen und sehe da nicht so das Problem.“ Er sei keiner, dessen Straffälligkeit „auf den Hang zur Selbstdarstellung“ zurückzuführen sei.

Im Übrigen, so Bauer weiter, sei eine Sendung wie diese eine „gute Vorbereitung auf ein Berufsleben in Freiheit“. „Da gibt es ja auch oft Stress.“