Rio de Janeiro. . Der Mann fürs WM-Finale ist Tom Bartels. Der 48-jährige Niedersachse kommentiert das Duell Deutschland gegen Argentinien in der ARD. Der gelernte Bankkaufmann gilt als dröge. Aber hatte er vor zwei Jahren auch einen großen Moment, in dem er TV-Geschichte schrieb.

Ein Scherzbold sorgte am Freitagmittag beim Ersten für eine Schrecksekunde. Endspielkommentator Tom Bartels, so hieß es beim Kurznachrichtendienst Twitter, komme beim Finale der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien nicht zum Einsatz, er sei krank, Durchfall. Tatsächlich erwies sich die Meldung buchstäblich als Latrinenparole. Tom Bartels, versicherte „Sportschau“-Chef Steffen Simon postwendend, sitze wie geplant in Rio de Janeiros Maracana-Stadion am Mikro. Während das ARD-Duo Matthias Opdenhövel und Mehmet Scholl optische Dauerpräsenz zeigen, gehören Kommentatoren wie Bartels eher zu den Schattenmännern des Sportfernsehens.

Der 48-jährige Niedersachse kommt aus der WDR-Schule, auch wenn er durch das Privatfernsehen bekannt wurde. Seine große Stunde schlug, als sich RTL die Rechte für die Champions League sicherte. Nach einem Zwischenspiel beim Bezahlsender Premiere, dem Vorgänger von Sky, landete Bartels bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 wieder bei RTL. Anschließend wurde er wieder öffentlich-rechtlich – im Team der „Sportschau“ im Ersten.

Bartels will Publikum nicht mit Zahlen vollquatschen

Dass Bartels vor seinem Studium der Sportpublizistik eine Ausbildung zum Bankkaufmann absolvierte, ist ihm gelegentlich anzumerken. Die einen nennen seinen Moderationsstil „sachlich“, die anderen „dröge“. Sein Lieblingswort ist „antizipieren“, er könnte auch „vorwegnehmen“, ohne dadurch dümmer zu wirken. Am Sonntag, ab 21 Uhr, könnte Bartels punkten, wenn er nur das herausarbeitet, was das Publikum eben nicht sehen kann.

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Gut vorbereitet ist er allemal. Bartels gilt als penibel. Frühe Anreise, kein Alkohol, viel Schlaf: Das ist Bartels’ Rezept für einen ausgeschlafenen Bericht aus der Sprecherkabine. „Spezielle Konzentrationsübungen mache ich nicht.“ Die Vorfreude auf das dritte Final-Duell zwischen der deutschen und der argentinischen Elf ist bei dem Fernsehmann deutlich größer als sein Lampenfieber: „Es ist ein Traum, dass Deutschland mit dabei ist.“

Bartels verspricht, das Publikum nicht mit Zahlen vollzuquatschen. „Statistisches Material muss dosiert eingesetzt werden. Ich lege mehr Wert auf Analyse und Hintergrund-Infos, etwa über die Art, wie Eckbälle getreten werden.“ An seine Arbeit stellt Bartels den Anspruch: „Für mich ist es wichtig, dass ich bei der Bewertung der einzelnen Spieler und der Szenen richtig liege.“

Als irische Fans die „Fields of Athenry“ beschworen

Dafür braucht er, wie die übrigen TV-Kommentatoren auch, einen Einflüsterer. Der Mann im Hintergrund ist Gerrit Meinke, der einst für Arminia Bielefeld als Profi spielte.

Zu ihrer bisher größten Form liefen Bartels und Meinke vor fast genau zwei Jahren auf. Damals, am 14. Juni 2012, kommentierte Bartels bei der Fußball-Europameisterschaft das Gruppenspiel Spanien gegen Irland. Als die Iren schließlich 0:4 zurücklagen, dem Ausscheiden nah, stimmten ihre Fans „Fields of Athenry“ an – ein Volkslied über Heldenmut in auswegloser Situation. Bartels stellte die Kommentierung komplett ein. Minutenlang ließ er den pathetischen Fan-Gesang wirken, der zu den emotionalsten Momenten der Fußball-Geschichte gehört.