Naha. .
Erst der gewaltige Taifun „Neoguri“ im Süden, dann auch noch ein starkes Erdbeben im Norden – Naturgewalten haben Japan am Dienstag erschüttert. Im südwestlichen Urlaubsparadies Okinawa kamen mehr als ein Dutzend Menschen mit gebrochenen Händen und anderen Verletzungen in Folge des gewaltigsten Wirbelsturms seit Jahrzehnten ins Krankenhaus.
Größere Schäden wurden ansonsten nicht gemeldet. Mehr als eine halbe Million Bewohner waren aufgefordert, sich in Sicherheit zu bringen. Der Flug- und Fährverkehr kam zum Erliegen. Mit Windgeschwindigkeiten von mehr als 250 Kilometern in der Stunde und peitschendem Regen bahnte sich der Sturm seinen Weg durch die Inselregion und nahm Kurs Richtung Norden auf Japans Hauptinseln. Am Donnerstag dürfte er die südwestliche Insel Kyushu erreichen.
62-Jähriger kenterte mit seinem Fischerboot – er hatte keine Chance
Die Ausläufer des Taifuns überzogen Kyushu bereits am Dienstag mit heftigen Regenfällen und lösten auch andernorts hohen Wellengang aus. Ein 62-Jähriger starb vor der Küste der Insel Shikoku, als sein Fischerboot kenterte.
Derweil erschütterte ein Erdbeben der Stärke 5,8 Japans nördlichste Hauptinsel Hokkaido. Auch dort gab es keine Berichte über mögliche Opfer oder Schäden. Eine Warnung vor einem Tsunami wurde nicht ausgegeben.
Mit gewaltigem Tosen peitschte „Neoguri“ durch die Straßen auf Okinawa, riss Zweige von den Palmen, stürzte vereinzelt Mopeds und Autos um und riss in einem Apartmentgebäude eine Wohnungstür aus den Angeln. „Der Sturm ist so stark, dass sogar das Haus anfing zu wackeln“, sagte ein Bewohner der Provinzhauptstadt Naha im Fernsehen. Mehrere hundert Bewohner suchten daraufhin Schutz in Notunterkünften. In rund 100 000 Haushalten auf Okinawa fiel zeitweise der Strom aus.
Auch die Zehntausenden auf Okinawa stationierten US-Soldaten wurden zu höchster Wachsamkeit aufgefordert. Die Militärführung verlegte nach Angaben der Zeitung „Yomiuri Shimbun“ zur Sicherheit 61 Flugzeuge auf andere Stützpunkte in der Region. Im US-Fernsehen war die Rede von einem „Monster-Taifun“. Japans nationale meteorologische Behörde hatte am Vortag die höchste Alarmstufe für die Region ausgegeben, die jedoch für einen Teil der Inseln inzwischen wieder aufgehoben wurde.
Sämtliche Flüge in und aus dem auch unter ausländischen Touristen beliebten Okinawa wurden am Dienstag abgesagt. Auch der Fährverkehr und der öffentliche Busbetrieb wurde für den Tag eingestellt. Autobahnen waren gesperrt. Atomkraftwerke gibt es auf Okinawa nicht, wohl aber auf Kyushu, wo „Neoguri“ sich hinbewegte.
Nach Angaben des Wetterdienstes könnte der Taifun auch die Hauptinsel Honshu, wo Millionen-Großstädte wie Tokio liegen, erfassen. Die Regierung richtete einen Krisenstab ein. „Neoguri“, der achte Taifun der Saison, bewegte sich unterdessen mit einer Geschwindigkeit von rund 30 Kilometern in der Stunde über dem Meer weiter in Richtung Norden. So einen starken Taifun hat Japan im Juli seit Jahrzehnten nicht mehr erlebt.