Köln. . Der Entertainer hat sich wieder einmal neu erfunden. Nach seinem Fernseh-Aus nimmt Harald Schmidt Privatfernsehen ganz wörtlich. Er inszeniert seine Show in seinem Kölner Studio wie Fernsehen – exklusiv für einen erlesenen Kreis.

Einst erfand Harald Schmidt das Kabarett fürs Fernsehen neu. Jetzt macht der 56-Jährige in seinem Kölner Studio 449 das exakte Gegenteil. Die grau gewordene Eminenz des Läster-Gewerbes brachte Fernsehen auf die Bühne – und das für einen handverlesenen Kreis. Von wegen Spötterdämmerung: Harald Schmidt inszeniert sich wieder einmal als Stehaufmännchen.

Dabei sah es in den letzten Jahren nicht gut aus für ihn. Vom Ersten wurde er zu Sat.1 weitergereicht. Der Münchner Sender wiederum überließ den Mann, den Fans in den 90ern gern „Dirty Harry“ nannten, bereitwillig den Kollegen von Sky. Der Bezahlsender setzte Schmidt vorwiegend zur Imagewerbung ein. Im Fernsehen juxte der Lange unter Ausschluss der Öffentlichkeit, und schließlich sah selbst Sky den Deal Klasse ohne Masse als unvorteilhaft an. Mitte März war für Schmidt Schluss mit lustig.

Schade für Harald Schmidt, schade fürs deutsche Fernsehen. Denn nur Harald Schmidt konnte dem amerikanischen Late-Night-Talk einen deutschen Akzent geben. Doch Schmidt und das TV-Publikum entfremdeten sich.

„Privatier mit abgeschlossener Vermögensbildung“

Jetzt hat er wieder einen neuen Dreh gefunden. „Die ,Harald-Schmidt-Show’ ist zurück“, jubilierte der Branchendienst „dwdl. de“, „aber nur für einen erlesenen Kreis.“ PR-Unternehmer Ulrich Stockheim hatte für den Mann, der so brillant vom Flachwitz zur Hochkomik und zurück wechseln kann wie sonst keiner, für sich und seine rund 200-köpfige Truppe gebucht. Über Geld wurde, natürlich, nicht gesprochen. Aber als gesicherte Wahrheit gilt: Der Abend war kein billiges Vergnügen. Der „Privatier mit abgeschlossener Vermögensbildung“ (Harald Schmidt über Harald Schmidt) kennt seinen Wert; er ist, in jeder Hinsicht, Deutschlands cleverster Komiker.

Sein Publikum überraschte Schmidt mit dem, was es bereits kannte: eine „Harald-Schmidt-Show“. Fernsehen ohne Sender. Oder besser noch: Privatfernsehen, ganz wörtlich genommen. Langweilig? Keineswegs. Den Gästen gefiel’s. Anna Lena Bulmahn, beispielsweise, twitterte: „Harald Schmidt ist immer noch der Beste.“

Helmut Zerlett jazzt – und die Studio-Deko ist ganz die alte

Was macht seine Faszination aus? Harald Schmidt ist berechenbar wie ein Markenprodukt. Das Publikum erwartet von ihm den Chefetagen-Anarcho, der auf politische Korrektheit pfeift und dabei so zynisch sein darf wie das Griesgram-Duo aus der „Muppet-Show“ zusammen.

Auch wenn das Konzept, von den Kameras über den Late-Night-Jazzer Helmut Zerlett bis hin zur Studio-Deko, bekannt ist, so weiß das Publikum nie, was tatsächlich auf der Bühne passiert. Schmidt ist schnell im Kopf und genauso schnell mit der Zunge. Er ist eine Rampensau, kann aktuell und auch spontan.

Er passt mittlerweile in Obis Bieber-Kostüm

Bei seiner Privatvorstellung war sich Harald Schmidt durchaus seiner Rolle als gemieteter Hofnarr bewusst. Mit selbstironischen Gags hatte er seine Auftraggeber auf seiner Seite. So witzelte Schmidt darüber, er müsse nach der Show noch zu einer „Parkplatz-Einweihung von Obi“ und schob nach, er passe mittlerweile ins Biber-Kostüm des moppeligen Baumarkt-Maskottchens.

Schmidts erste Privatvorstellung soll nicht die letzte gewesen sein. Er biete die Show für die zehn Prozent der Bevölkerung an, „die immerhin 50 Prozent des Steueraufkommens in Deutschland bezahlen“. Schmidts Humor soll Chefsache sein.

Frank Behrendt von der PR-Agentur fischerAppelt meldete flugs Interesse an: „Damit könnte man mir zum Geburtstag auch ‘ne Freude machen.“

Ob’s was wird? Wer weiß. „Ich mache das nicht für jeden“, sagte Harald Schmidt. Und möglicherweise meinte er das sogar ernst.