Gran Canaria. . Weil vor den Kanaren Erdöl vermutet wird, soll das kostbare Gut auch gefördert werden. Soeben hat die spanische Regierung Probebohrungen genehmigt – und schon hagelt es Proteststürme. Denn da, wo nur das Sonnenöl glänzt, wollen sich die Urlauber ihre Idylle nicht zerstören lassen.

Bisher wurden auf den Kanarischen Inseln vor allem mit Sonnenöl glänzende Geschäfte gemacht. Immerhin kommen jedes Jahr rund zwölf Millionen Touristen auf die spanische Inselgruppe, um sich unter der milden Sonne vor der westafrikanischen Küste zu erholen. Nun will Spanien auch mit der Erdölförderung vor den Inseln Geld verdienen. Die spanische Zentralregierung genehmigte gerade die ersten Probebohrungen östlich von Lanzarote und Fuerteventura – und entfesselte damit einen Proteststurm auf den paradiesischen Kanaren.

Noch diesen Sommer, mitten in der Urlaubssaison, soll ein Bohrschiff vor den beiden Vulkan-Urlaubsinseln mit der Ölsuche beginnen. Nicht in Sichtweite, sondern rund 60 Kilometer entfernt Richtung afrikanischer Küste, wo im Meeresboden riesige Erdöllager vermutet werden.

Spaniens Umweltministerium genehmigte vorerst drei Probebohrungen, die von einem Spezialschiff in den bis zu 5000 Meter tief liegenden Atlantikboden getrieben werden sollen. Eine Erlaubnis für die Ölförderung sei dies noch nicht, versucht die Zentralregierung in Madrid die Wellen der Empörung auf den Inseln zu beruhigen. Wenn man tatsächlich auf Öl stoße, werde man weiter sehen.

Lokale Bürgerinitiativen haben sich zur Widerstandsfront zusammengeschlossen

Doch dieses Szenario reicht schon, um auf den Kanarischen Inseln den größten Aufstand zu provozieren, den dieses Ferienparadies je gesehen hat: Demonstrationsmärsche ziehen über die Inseln, Menschenketten formieren sich an den Stränden, Unterschriften werden gesammelt. „Nein zu Erdölkonzernen, Ja zu erneuerbaren Energien“, heißt eine der Protestparolen. Die Regionalregierung der Inseln, die Tourismusbranche, globale Umweltverbände und lokale Bürgerinitiativen haben sich zur Widerstandsfront „Save Canarias“ zusammengeschlossen. Und sie haben Klage gegen die Ölsuche eingereicht.

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„Eine Ölpest wie diejenige, die sich 2010 im Golf von Mexiko ereignete, wäre eine Katastrophe für Millionen von Menschen und für die Zukunft des Archipels“, heißt es in einer Protestresolution an Spaniens Regierung und an die EU- Kommission. Die Bohrungen seien eine Gefahr für den Tourismus, dem wichtigsten Wirtschaftsstandbein der Kanaren. Man müsse auch bedenken, dass der Meeresboden rund um die Inseln immer noch „eine starke seismische Aktivität“ aufweise. So rumort es seit 2011 immer wieder unter dem Kanaren-Eiland El Hierro, weil der Inselvulkan erwacht ist.

Der Chef der Kanaren-Regierung, Paulino Rivero, erklärte zornig: „Den Naturreichtum der Inseln aufs Spiel zu setzen bedeutet, die Zukunft der künftigen Generationen zu gefährden.“ Die Inselgruppe fühle sich von der Zentralregierung in Madrid nicht ernst genommen und behandelt „wie eine Kolonie“. Auf den Inseln regiert unter Riveros Führung die regional verwurzelte „Kanarische Koalition“.

Auch RWE Dea ist am Projekt beteiligt

Die Ölsucher vor der kanarischen Küste werden von dem spanischen Rohstoffkonzern Repsol angeführt, aber auch die deutsche RWE Dea und das australische Unternehmen Woodside sind am Projekt beteiligt. Schon länger vermutet die Ölindustrie, dass sich im Atlantik, zwischen Kanarischen Inseln und marokkanischer Küste, lohnende Erdöllager befinden.

Auf der anderen Seite der Seewassergrenze, in den Gewässern des Nachbarn Marokko, stieß die Rohstoff-Konkurrenz bereits bei Sondierungen auf „schwarzes Gold“. Spaniens Industrieminister José Manuel Soria, ließ daher durchblicken, dass aus seiner Sicht der Widerstand der Ölgegner nicht viel Sinn mache: Denn wenn Spanien nicht die Öllager anzapfe, „dann wird es Marokko tun“.