Washington. . Der Todesschütze – ein Hausbesitzer, der vier Mal auf den Gastschüler aus Hamburg schoss, hat die Absetzung des Richters beantragt. Ab sofort kümmert sich das Bezirksgericht in Missoula County um die Tragödie. Ob es zum Prozess kommt, ist offen

Die Aufklärung der Erschießung des 17-jährigen deutsch-türkischen Austauschschülers Diren Dede durch einen Hausbesitzer im US-Bundesstaat Montana droht zum Justizkrimi zu werden. Nach Informationen dieser Zeitung hat der Anwalt des Todesschützen Markus Kaarma die Absetzung des Richters John Larson beantragt. Ab sofort kümmert sich das Bezirksgericht in Missoula County um die Tragödie, die in Deutschland Wellen der Empörung ausgelöst hat. Ob es überhaupt zu einem Prozess kommt, und wenn ja – wann, ist offen.

Wie aus den nun verröffentlichten Gerichtsakten hervorgeht, war Diren Dede am 27. April erschossen worden, als er sich in einer Garage in der Nähe seiner Gasteltern in Missoula nachts ein Getränk beschaffen wollte. Kronzeuge ist Robby Pazmino, ein 17-jähriger Austauschschüler aus Ecuador, der in der Tatnacht mit Dede „aus Langeweile“ durch die Nachbarschaft gezogen war. Wie Pazmino in seiner Vernehmung sagte, haben Diren, er und andere Jungs in den Monaten zuvor „drei, viermal“ „Garagen Shopping“ oder „Hopping“ gemacht. Dabei suchen sich Jugendliche in einer Mischung aus Mutprobe und Dummer-Jungen-Streich in Nachbars Garage ein Sixpack Bier. Wie in anderen Bundesstaaten auch, darf man in Montana erst mit 21 offiziell Alkohol trinken.

Dede wurde von zwei Schüssen aus Kaarmas Schrotflinte in Kopf und Arm getroffen. Der Feuerwehrmann nimmt ein spezielles Selbstverteidigungsrecht für Hausbesitzer in Anspruch („castle doctrine“) und verweist auf zwei frühere Einbrüche in seiner Garage. Die Staatsanwaltschaft, die 55 Zeugen benannt hat, wirft ihm vor, den aus Hamburg stammenden Dede „absichtsvoll oder wissend“ erschossen zu haben. Kaarma habe ohne Vorwarnung in die dunkle Garage gezielt und viermal abgedrückt. Die Anklage auf fahrlässige Tötung kann bei einer Verurteilung zu einer Haftstrafe von mindestens zwölf Jahren führen. Maximal ist lebenslänglich denkbar.

Unkontrollierte Wutausbrüche

Staatsanwalt Andrew Paul erzeugt den Eindruck, dass es sich bei dem Schützen um einen zu unkontrollierten Wutausbrüchen neigenden Mann handelt, der „der Welt böse ist“. So hat Kaarma wenige Stunden vor der Tat in seinem Viertel Autofahrer durch aufreizendes Langsamfahren provoziert. Als sie überholen wollten, hat er sie abgedrängt und bedroht. Bei einem Besuch seines Stamm-Friseurs vier Tage vor der Tat kündigte Kaarma für den Fall eines weiteren Einbruchs die später Wirklichkeit gewordene Selbstjustiz an: „Ich mache keine Witze“, sagte er zwei Angestellten, „ihr werdet das in den Nachrichten sehen. Ich werde sie verdammt noch mal töten.“