Washington. .

Wenn es um die drastischste aller Strafen geht, sind Amerikas höchste Richter eigen. „Grausame und ungewöhnliche Strafen“ bei der Hinrichtung eines zum Tode verurteilten Häftlings sind nach einem Urteil des Obersten Gerichtshofs in Washington verboten. Im Fall von Clayton Lockett wurde dieser Grundsatz nach Ansicht von Anwälten und Menschenrechtsorganisationen am Dienstag im Bundesstaat Oklahoma „in beispielloser Weise“ mit Füßen getreten: Weil ein bisher nicht getesteter und öffentlich unbekannter Giftcocktail zum Einsatz kam und nicht wirkte, dauerte der Todeskampf des Schwarzen, der eine 19-Jährige ermordet hatte, fast so lang wie eine Fußball-Halbzeit.

Lockett blieb, weil offenbar eine Vene geplatzt war, nach der ersten Injektion lange bei Bewusstsein, rang nach Luft, zitterte, knirschte mit den Zähnen und hob mehrfach den Kopf. Wie der Fernsehsender KFOR-TV berichtete, ließ Gefängnisdirektor Robert Patton im Exekutionsraum die Vorhänge zuziehen, damit Presse und Angehörigen die Qualen verborgen blieben. Nach 20 Minuten ordnete er den Stopp der Hinrichtung an. Lockett starb 43 Minuten nach Beginn der Prozedur an einem Herzinfarkt.

„Ein Verstoß gegen die Verfassung“

Von einer „hoffnungslos verpfuschten“ Exekution sprachen gestern viele Kommentatoren, andere von einem „eklatanten Verstoß gegen die Verfassung“. Mary Fallin, die Gouverneurin von Oklahoma, setzte die geplante Tötung des Mörders Charles Werner in der gleichen Haftanstalt kurzerhand aus und ordnete eine Untersuchung an.

Hintergrund der Misere: In 32 Bundesstaaten ist die Todesstrafe zugelassen. Sie wird dort fast ausschließlich mit der Giftspritze vollzogen. Problem: Die Zutaten für die erprobte Kombination aus drei Medikamenten, die den Verurteilten nach Angaben von Fachleuten relativ schnell und schmerzlos zum Tod führt – ein Betäubungsmittel, ein Mittel, das Muskeln und Atmung lähmt sowie eines, das am Ende den Herzstillstand herbeiführt – sind nicht mehr zu bekommen.

Unter dem Druck von Gegnern der Todesstrafe weigern sich vor allem Hersteller in Ländern der Europäischen Union, klassische Medikamente wie Thiopentalnatrium oder Pentobarbital nach Amerika zu liefern. Konsequenz: etliche Bundesstaaten begannen damit, alternative Betäubungsmittel auszuprobieren. Über den Inhalt dieser Cocktails wird meist Stillschweigen bewahrt, um Lieferanten nicht zu verschrecken. Seit Jahresbeginn gab es mehrere Fälle, in denen Hinrichtungen aus dem Ruder liefen. Vereinzelte Bundesstaaten erwägen bereits die Rückkehr zu längst ausgemusterten Methoden: Tod durch den Strang. Oder Erschießen.

Amerika hat 2013 39 Menschen hingerichtet. Nur China, Iran, Irak und Saudi-Arabien zählten nach Angaben von Amnesty International mehr Exekutionen. Das renommierte „Death Penalty Information Center“ erneuerte nach dem jüngsten Fall in Oklahoma die Forderung nach Abschaffung der Todesstrafe, die seit 1976 wieder praktiziert wird.