Berlin. . Crystal Meth liegt im Trend. Mittlerweile greifen Studenten, Manager und Mütter nach der billigen Durchhaltedroge. Anfangs macht sie leistungsstark, doch schon nach kurzer Zeit zeigt sie verheerende Folgen, macht abhängig und produziert menschliche Wracks. Die Fahnder sind extrem alarmiert.
„Die Deutschen nutzen eine Wunderpille“, schlugen britische Zeitungen 1940 Alarm. Hitlers Armeen, die durch Westeuropa stürmten, nahmen gezielt die Droge Pervitin. Die „Panzerschokolade“ brachte ihnen mehr Ausdauer und hellte die Stimmung auf. Japans Militärs putschten damit Kamikazeflieger auf.
Pervitin ist wieder da. Diesmal sind deutsche Behörden alarmiert. Der Stoff heißt Crystal Meth, wird in tschechischen Labors aus Substanzen des Hustensaftes produziert, von vietnamesischen organisierten Banden verteilt und hat Sachsen, Thüringen und Bayern erobert. Dort läuft der Stoff Heroin als Einsteigerdroge den Rang ab. „Crystal erreicht gerade die Metropolen Berlin, Hamburg und Frankfurt und kommt ins Ruhrgebiet“, warnt Wolfgang Schmitz vom Kölner Zollkriminalamt (ZKA): „Sie brauchen nur ein paar Chemikalien dazu.“
Eine chemische Invasion, die Sorgen bereitet
„Die Droge liegt im Trend. Sie macht aggressiv und zerstörerisch“, sagt auch ZKA-Chef Norbert Drude. Er hat gestern im Bundesfinanzministerium die Bilanz für 2013 vorgestellt. Beschlagnahmte die Zollfahndung 2012 gerade erst 24 Kilo, waren es letztes Jahr 47 Kilo.
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Die Sorge vor der chemischen Invasion aus dem Südosten reicht tief in die Sicherheitsbehörden und die Ärzteschaft. Crystal Meth könnte das Rauschgift der gesellschaftlichen Mitte, der Studenten im Examen, der Manager vor der Hauptversammlung, der alleinerziehenden Mütter mit drei Kindern und der Lkw-Fahrer werden, die vor 1000 Kilometern Autobahn stehen. Es wird längst abseits der herkömmlichen Drogenszene vertrieben.
Mehr Selbstwertgefühl, weniger Schlaf
Das Hamburger Institut für Suchtforschung hat im Auftrag der Bundesregierung in einer ersten Untersuchung zu diesem Thema festgestellt, dass jeder zweite Konsument das kristalline, dem Kandiszucker ähnelnde Pulver schluckt, um leistungsfähiger bei der Arbeit zu sein. Im Umfeld der deutschen Universitäten wird es nicht selten als Durchhaltemittel für die nächste Klausur angeboten, die Portion zwischen fünf und zehn Euro. Außerdem bedient es – zunächst – die Ideale der Zeit: Man nimmt ab, gewinnt Selbstwertgefühl und braucht sogar weniger Schlaf.
Die Gesamtrechnung kann für die Käufer bitter werden: So billig Crystal zu erwerben ist und so putzmunter es im ersten Moment macht, so schnell macht es – schon nach ein- bis zwei Einnahmen – auch abhängig und zersetzt den Menschen. Einer späteren Phase der Depression und Übermüdung folgt die Alterung des Aussehens und eine Zerstörung von Nervenzellen, weil diese durch die Einnahme völlig übersteuert werden. Übrig bleiben menschliche Wracks.
Wenn sich die Organisationen zusammentun, sieht's düster aus
Für die Zollfahnder, die bisher den Spuren der Balkanroute aus Afghanistan gefolgt sind oder die Passagiere der Jets aus Südamerika abgetastet haben, könnte das Aufkommen des Stoffs zumindest in Westdeutschland und speziell in Nordrhein-Westfalen einen Zweifrontenkrieg bescheren.
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Denn noch gilt ihre Hauptaufmerksamkeit den dem Crystal ähnlichen Amphetaminen, die in Hinterhöfen am Niederrhein und in Holland gemixt und in Diskotheken konsumiert werden. Fahnder fürchten deshalb: „Wenn sich die Organisationen des Drogenhandels mit Crystal Meth und mit Amphetaminen zusammentun, haben wir verloren.“
Beschlagnahmte Drogen
Kokain und Heroin hat der Zoll mit 1052 und 128 Kilo im Jahr 2013 deutlich weniger als früher beschlagnahmt.
Bei Marihuana indes gab es einen starken Anstieg (von 1,6 auf 2,5 Tonnen), ebenso wie bei Ecstasy (180 auf 350 Tonnen) und Opium (von 31 auf 275 Kilo). Bei Amphetaminen ist mit 319 beschlagnahmten Kilo keine Tendenz erkennbar.