Giglio. .
Gut zwei Jahre nach der Havarie der „Costa Concordia“ haben deutsche Experten das Wrack vor der italienischen Insel Giglio begutachtet. Die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) schickte einen Nautiker, einen Schiffbauer und einen externen Experten für Schiffselektrik nach Italien, wie BSU-Direktor Volker Schellhammer sagte. Die drei Männer untersuchten am Mittwoch gemeinsam mit drei italienischen und zwei amerikanischen Kollegen einige Bereiche des Schiffes, erklärte eine Sprecherin des Bergungsprojektes in Rom.
Der Ortstermin sei am Vormittag nach kurzer Zeit beendet gewesen. Die Experten besichtigten nach Angaben der Sprecherin unter anderem die Fahrstühle. Andere möglicherweise wichtige Decks sind noch unter Wasser und daher nicht zugänglich. Die Untersuchungsmission der deutschen Experten entspreche dem üblichen Verfahren, wenn bei einem Schiffsunglück im Ausland ein deutscher Staatsbürger ums Leben komme, erklärte Schellhammer. Bei der Havarie des Kreuzfahrtschiffes vor der Mittelmeer-Insel waren auch zwölf Deutsche ums Leben gekommen.
Koloss wieder zugänglich
Die Untersuchungen stünden in keinem Zusammenhang mit dem Prozess gegen Kapitän Francesco Schettino in Grosseto, sagte eine Sprecherin des Gerichts. Justiz-Gutachter, Richter, Anwälte und auch Schettino selbst hatten das Wrack in den vergangenen Wochen bei Ortsterminen besichtigt.
Der Kreuzfahrtkoloss ist erst seit September vergangenen Jahres wieder zugänglich, nachdem das havarierte Schiff in einer spektakulären Aktion aufgerichtet worden war. Nach Angaben von BSU-Direktor Schellhammer können die Fachbehörden erst so spät mit den Untersuchungen beginnen, weil zunächst die italienische Justiz den Vorrang hatte. Das sei im italienischen Rechtssystem anders geregelt als in Deutschland, wo die BSU gleichrangig mit den Staatsanwaltschaften ermittele.
Die „Costa Concordia“ soll im Juni in einen Hafen am Festland geschleppt werden. Dann werde sie ein weiteres Mal untersucht, sagte Schellhammer. Wann die Ergebnisse vorliegen, sei noch nicht absehbar. Die Federführung liege bei der italienischen Untersuchungsbehörde (Organismo investigativo sui sinistri marittimi). Zwischenergebnisse würden nicht veröffentlicht.
Ziel der Untersuchungen sei es nicht, einen Schuldigen zu ermitteln, sondern Lehren aus dem Unfall zu ziehen. Über ein Netzwerk hat die BSU Kontakt zu ähnlichen Behörden weltweit, die auch einer Vereinbarung der Internationalen Schifffahrtsorganisation IMO angehören.