Dresden. Orden für die Prominenz und die Fans vor der Tür: Beim Dresdner Semperopernball werden traditionell Auszeichnungen verteilt. Wer tanzen will, muss Geduld beweisen - kann dann aber mit Udo Jürgens rocken.

Schöne Stimmen, Stars und eine Königin haben den Dresdner Semperopernball mottogetreu glitzern lassen. Doch der Showact des Abends kam um Mitternacht: Udo Jürgens, Schlagersänger, Komponist, Entertainer und 79 Jahre alt, rockte das Opernhaus. Von Müdigkeit keine Spur, legte er ein Mitternachtskonzert hin - der Auftakt für ein rauschendes Fest bis in den frühen Samstagmorgen.

Mit Evergreens wie "Ich war noch niemals in New York", "17 Jahr - blondes Haar" oder den 66 Jahren, bei denen das Leben angeblich erst anfängt, riss er nicht nur die gut 2300 Gäste mit, die dicht gedrängt im großen Saal und auf den Rängen lauschten. Auch die geschätzt mehr als 12 000 Ball-Fans auf dem Theaterplatz vor dem weltberühmten Bau schunkelten, tanzten und sangen mit.

Begonnen hatte der Abend mit der Auszeichnung der Ehrengäste. Den St.-Georgs-Orden des Ballvereins erhielten in diesem Jahr Schwedens Königin Silvia, die französische Leinwandikone Catherine Deneuve, EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, Thomas Gottschalk, Udo Jürgens und das Dresdner Publikum.

Hessens ehemaliger Ministerpräsident Roland Koch würdigte Silvia von Schweden für ihren Einsatz für demenzkranke Menschen und missbrauchte Kinder. "St. Georg, der gegen den Drachen, das Böse, kämpft, ist schon immer mein Leitbild gewesen", bedankte sich die Königin, die für den Ball ein lachsfarbenes Kleid mit floralen Ornamenten gewählt hatte.

Sie rief die Gäste auf, im Kampf gegen das Böse zusammenzustehen - und war dann auch schon wieder entschwunden, allerdings nicht, ohne noch mit Ball-Impresario Hans-Joachim Frey eine royale Sohle aufs Parkett gelegt zu haben.

Deneuve (70), Grande Dame des französischen Kinos, wurde von ihrem deutschen Kollegen Axel Milberg neben ihrer schauspielerischen Leistung auch für ihr politisches Engagement etwa für Amnesty International gelobt.

Weniger schwere Kost gab es von TV-Koch und Laudator Horst Lichter, der den 63 Jahre alten Gottschalk das "Filetstück des deutschen Fernsehens" nannte - mit Barbecuesoße. "Immer ein bisschen zu scharf, aber lecker." Gottschalk bedankte sich nicht ganz artig mit einem Seitenhieb auf Alice Schwarzer und meldete sich gleich noch zu höheren Weihen an: "Wenn ich in allen Bereichen so sauber wäre wie im steuerlichen, dann wäre ich eigentlich ein Kandidat für die Heiligsprechung."

Als bestes Publikum der Welt wurden die Dresdner ausgezeichnet. "Sie haben Wunderbares, Einzigartiges vollbracht", lobte Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) die vielen Tausend, die bei vergleichsweise milden Temperaturen um sechs Grad wieder auf den Theaterplatz gekommen waren. Ein Ticket für den Ball war nicht jedermanns Preisklasse. Die billigsten Karten kosteten gut 230 Euro.

Wegen der vielen Ehrungen konnten die Ballgäste drinnen erst gut eine halbe Stunde vor Mitternacht endlich aufs Parkett, nach der Eröffnung durch Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) und seine Frau Veronika. "Tillich is a great dancer", hatte Barroso bereits zuvor gewarnt. Der Regierungschef würdigte den Chefkommissar aus Brüssel als großen Europäer.

Bei Walzermusik, Sekt und Wein wich die zeremonielle Steife dann schnell ausgelassenem Ballgeschehen. Während die Debütantinnen in diesem Jahr in opulente blau-graue Roben gehüllt waren, mit viel Tüll und Glitzerelementen, bestimmten dann eher die farbenprächtigeren Ballkleider der Besucherinnen das Bild. Schauspieler Christian Kohlund amüsierte sich in der Raucherlounge. CDU-Urgestein Heiner Geißler führte seine Enkelin Hannah übers Parkett. Nicht zum ersten Mal beim Semperopernball dabei: Regisseur Dieter Wedel, Komponist Ralph Siegel und Schlagersänger Roberto Blanco.

Durch den etwa 1,7 Millionen Euro teuren Abend führten die Moderatoren Collien Ulmen-Fernandes und Gunther Emmerlich. Für Musik sorgten unter anderem die Sächsische Staatskapelle Dresden unter Leitung des chinesischen Dirigenten Muhai Tang, die bulgarische Sopranistin Sonya Yoncheva und der russische Startenor Vladimir Galouzine.