Essen. Ökokleidung sieht endlich bunt, chic, hip aus. Die Nachfrage wird größer, der Markt wächst. Aber wie viel Nachhaltigkeit steckt wirklich drin? Weltweit gibt es rund 120 Siegel, die ökologisch produzierte Mode auszeichnen. Experten von Greenpeace halten davon aber nur wenige für glaubwürdig.

H&M kann auch anders – grüner. Ende Februar kommen in die Läden des schwedischen Modekonzerns Jeans und Jeansjacken, in denen recycelte Baumwolle steckt. Es ist eine neue Form der Altkleiderentsorgung. Kunden können schon seit vergangenem Jahr ihre ausrangierten Klamotten bei H&M abgeben. Der schon mal getragene Stoff macht in der neuen Jeans-Kollektion zwar nur zwanzig Prozent aus, denn sonst leide die Qualität, erklärte H&M dieser Zeitung. Aber es zeigt einen Trend.

Denn auch bei der Konkurrenz, wie Marc O´Polo oder dem Ottokonzern hängen Hemden und T-Shirts an den Kleiderstangen, die ökologischer sind als herkömmliche Ware. Und das Öko-Label Armedangels hat zum Beispiel vor, einen eigenen Laden zu eröffnen. Die Modedesigner reagieren auf die Kunden, die grüne Mode anziehend finden. Diese ist längst vom Schlabber-Müsli-Image befreit, dafür bunt, chic und hip.

Das Etikett im T-Shirt sagt zumeist nicht viel

Aber wie viel Öko steckt wirklich in der Mode? Wie viel Chemie verbirgt sich in Aufdruck, Farbe oder der Eigenschaft „bügelfrei“ und „antimikrobiell“? Das Etikett im T-Shirt sagt zumeist nicht viel – Faser, Waschanleitung, Produktionsort. Mit Kriterien wie „billig“ oder „teuer“, „schlicht“ oder „edel“ kommt man auch nicht weiter.

Hosen oder Shorts aus Biobaumwolle

H&M nennt seine grünen Kollektionen „Conscious“. Sie lassen sich, so teilt der Moderiese mit, „am grünen Anhänger zusätzlich zum Preisschild erkennen“. Dazu gehören nicht nur die jetzt neuen Jeans, in denen Altkleider verarbeitet sind, sondern auch Hosen oder Shorts aus Biobaumwolle. Oft bestehen die Kleidungsstücke aber nur zu 50 Prozent aus Biobaumwolle. Der Rest ist aus konventionellen Materialien hergestellt.

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Derzeit handele es sich bei H&M bei „7,8 Prozent unseres gesamten Baumwoll-Einsatzes“ um zertifizierte Bio-Baumwolle. Bei Otto lag der Anteil in der letzten Frühjahr-Saison bei fünf Prozent. Beide Konzerne versprechen bis 2020 nur noch Baumwolle aus nachhaltigem Anbau anzubieten. Nur: Nachhaltig ist nicht gleich „Bio“, die ökologischen Standards können niedriger sein. Für Verbraucher ist es schwierig, einen Überblick über grüne Mode zu gewinnen.

Marc O`Polo nutzt wieder andere Kategorien. Dort heißt es, dass der „wertmäßige Anteil“ der „Modern Organic-Products“ – das sind „Produkte aus Baumwoll-, Leinen- oder Wollfaser, die einer kontrolliert biologischen Landwirtschaft entstammen“ – in der letzten Frühjahr-Sommer-Saison zwölf Prozent ausgemacht habe.

Ökokollektionen sind ein erster Schritt

Kirsten Brodde, Textilexpertin der Umweltorganisation Greenpeace, sagt: „Die Öko-Kollektionen sind ein erster Schritt.“ Sie fordert aber, dass die „Firmen sich verpflichten, ihre gesamte Produktion zu entgiften“. Brodde hat zusammen mit ihren Kollegen die sogenannte Detox-Kampagne gestartet. Immerhin 18 Unternehmen haben sich dieser Entgiftungskampagne bereits angeschlossen. Sie verpflichten sich bis 2020, keine gefährlichen Chemikalien mehr zu verwenden. Otto und Marc O`Polo sind allerdings nicht dabei. H&M und Levi’s, Adidas, Puma und Nike zum Beispiel aber schon.

Greenpeace hält nicht jedes Ökosiegel für glaubwürdig

Es tut sich also was. Mittlerweile gibt es rund 120 Siegel weltweit, die angeblich Ökokleidung auszeichnen. Kirsten Brodde von Greenpeace hält davon allerdings allenfalls eine Handvoll für glaubwürdig. Aus ihrer Sicht schneiden im ökologischen Bereich am besten der Globale Organic Textile Standard, GOTS und der IVN Best ab. Beide gelten aber nur für Naturfasern. Für Kunstfasern gilt das Bluesign-Siegel als am fortschrittlichsten, wenn auch noch nicht als perfekt. Und wer auf faire Arbeitsbedingungen wert legt, sollte zudem auf Fairtrade Cotton achten oder darauf, ob die Hersteller der Fair Wear Foundation angehören.

Wahre Ökomode soll lange tragbar sein

Wer H&M seine Altkleider überlässt, bekommt übrigens einen Einkaufsgutschein. Brodde passt das nicht. Wahre Ökomode bestehe nicht bloß aus ökologisch produzierten Fasern, sie müsse vor allem lange tragbar sein. Sie will weg von „immer neu“, „von Billig-Schick“. Ihr Tipp: „Überlegen Sie genau, ob Sie ein neues Kleidungsstück brauchen. Man könne second hand kaufen, tauschen oder selber aufpeppen. Anregungen dazu gebe es im Internet etwa unter www.weupcycle.com.