Washington. . Die Frau des amerikanischen Präsidenten wird 50. Sie hält sich von politischen Scharmützeln fern, bleibt aber die wichtigste Beraterin ihres Mannes. Und für sie wahrscheinlich besonders wichtig: Sie hat nach holprigem Start einen Weg gefunden, um mit dem seltsamen Leben im Weißen Haus klar zu kommen.
Das an Sechs-Gänge-Menüs gewöhnte Washington der Berufsbürger rieb sich die Augen. In der Einladung, die einem handverlesenen Kreis von der Protokollabteilung des Weißen Hauses zugestellt wurde, war ausdrücklich vermerkt, dass bereits gegessen haben sollte, wer zu dem Termin an der Pennsylvania Avenue 1600 aufschlägt. Wer nicht bei Cocktail-Oliven und Sellerie-Stangen darben will, sollte sich daran halten. Michelle Obama, First Lady und Fitness-Mutter der Nation, hält die Gäste auf der Party zum 50. Geburtstag kalorienbewusst kurz. Passend zur Anti-Fettleibigkeits-Kampagne, mit der Barack Obamas Ehefrau Amerikas dicke Kinder samt Eltern unermüdlich zu Brokkoli statt Burgern motivieren will, heißt das Motto der Sause „Let’s Move“ – Auf geht‘s.
Im Fall der 1964 in Chicago in einer Mittelschichtfamilie geborenen Michelle Robinson, der Vater war Maschinenbauer, die Mutter Sekretärin, fragt sich: Wohin? Die Zeit im „schönen Gefängnis mit eigenem Küchenchef“, wie Laura Bush das Leben im Weißen Haus einmal charakterisierte, neigt sich schleichend dem Ende. In drei Jahren bestellen die Obamas die Möbelwagen. Eine dritte Amtszeit verbietet die Verfassung. Dann sind Malia und Sasha, die behüteten Töchter, 18 und 15, und vor dem Sprung in die Unabhängigkeit.
Sie weiß, dass die Holperstrecke hinter ihr liegt
Michelle Obama, eine traditionsverhaftete und wertkonservative Frau, weicht den Fragen nach dem Danach mit einer authentischen Gelassenheit aus, die ihr nicht immer gegeben war. In ihrem einzigen Interview zum Geburtstag erlebte die Fragenstellerin vom „People-Magazine“ eine „First Lady, die beschwingt in ihren 50. tanzt“. Wissend, dass die Holperstrecke hinter ihr liegt. „Ich habe mich nie selbstbewusster gefühlt“, wird die fast 1,80 Meter große Frau zitiert, „ich war mir nie klarer darüber, wer ich als Frau bin.“ Leben im Hier und Jetzt. Morgen ist morgen.
2009, als ganz Amerika gebannt nach Washington blickte, um zu sehen, ob die erste Schwarze im Weißen Haus Fehler macht, war das anders. Jodi Kantor schreibt in ihrer Biografie „Die Obamas“, Michelle Obama habe große Angst davor gehabt, dass der präsidiale Zauber ihre Familie zerstören könnte.
Ein Berater des Präsidenten fluchte über die anspruchsvolle First Lady
Mit Washington und seinen gesellschaftlichen Fallstricken fremdelte die Juristin, die früh ihre eigene Karriere für ihren Mann zurückgestellt hat. Lange haderte sie mit dem Protokoll, dass der First Lady in einem abgelegenen Teil des Weißen Hauses einen abgezirkelten Aktionsradius zubilligt, aber eines nicht gestattet: Einmischung in die Tagespolitik. Legendär ist der Wutausbruch eines früheren Top-Beraters von Präsident Obama, der dessen anspruchsvolle Gattin in ihrer Abwesenheit einmal verfluchte.
Michelle Obama hat sich nach außen den Gepflogenheiten längst gebeugt. Anders als Hillary Clinton, die 1997 ebenfalls während der Amtszeit ihres Mannes Bill die 50 riss, hält sie sich von den Scharmützeln fern. Parteitagsreden, Grußworte bei den Spenden-Dinnern ihres Mannes, das war‘s. Politische Einschätzungen, die Niederschlag in den Medien finden könnten, versagt sie sich. Amerikaner schätzen keine weibliche Schatten-Regierung im Oval Office. Intern ist und bleibt sie Obamas leidenschaftlichste Kritikerin und Advokatin. Bei zentralen Entscheidungen, berichten Eingeweihte, sucht der Präsident immer vorher den Rat seiner Frau.
Stichwort: ärmellose Kleider
Sie selbst hat sich über die Jahre eine Nische eingerichtet, in der sie sich wohl und sinnvoll fühlt. Wie viele Vorgängerinnen auch engagiert sich Michelle Obama für die Belange von Militär-Familien und die Ertüchtigung junger Mädchen in Schule und Beruf. Dass gesunde Ernährung und sportliche Betätigung ihr wichtig sind, darf – Stichwort: ärmellose Kleider und Trizeps – als Gemeingut gelten.
Wer alles morgen zu „Snacks & Sips & Dancing & Dessert“, zu Häppchen, Schlückchen, Hüfteschwenken und Nachtisch, in die Regierungszentrale eingeladen ist, wird noch als Geheimnis behandelt. Nur so viel: Mit Adele, der Ausnahme-Sängerin aus England, und Talkshow-Queen Oprah Winfrey sind auch Vollschlanke darunter.