Washington. .
Sie gelten bis heute als die Helden des 11. September 2001: New Yorks Feuerwehrleute und Polizisten. Was Manhattans Staatsanwalt Cyrus Vance der Öffentlichkeit jetzt mitteilte, wird das Bild nachhaltig erschüttern. Über 100 Stadtbedienstete, darunter 80 Ordnungshüter und Löschtruppangehörige, haben offenbar die Sozialkassen über Jahre mit einem perfiden Trick geplündert, der den wahren Opfern der Terroranschläge kalte Schauer über den Rücken jagen wird: Sie gaben bei der Beantragung der Sozialhilfe (Social Security) an, von den furchtbaren Ereignissen am World Trade Center in Manhattan massiv traumatisiert worden zu sein. Wie sich später herausstellte, waren die betroffenen Cops und Feuerwehrleute zur Tatzeit nicht einmal in der Nähe der Terroranschlagsorte.
Die Schadenssumme soll sich nach Angaben der „New York Times“ auf insgesamt 400 Millionen Dollar belaufen. Im Einzelfall sicherten sich die des Betruges beschuldigten Männer pro Jahr Summen um die 50 000 Dollar. Die illegalen Machenschaften gibt es nicht erst seit 9/11, in Einzelfällen sollen sie seit 1988 gelaufen sein.
Mit Hilfe eines Rechtsanwalts aus Long Island und einem ehemaligen Polizisten, die pro Betrüger jeweils knapp 20 000 Euro für sich abzwackten, wurden die Nassauer ausgiebig in Techniken unterrichtet, die sie vor den Prüfgremien als geisteskrank oder extrem behindert erscheinen ließen.
Laut Chefermittler Vance taten die Beschuldigten so, als hätten sie ihr Gedächtnis verloren, litten unter regelmäßigen Panikattacken und bekämen beim Betreten von Wolkenkratzern und der Ansicht von Flugzeugen Schweißausbrüche. Die meisten Teilnehmer des betrügerischen Deals erweckten den Eindruck, ohne fremde Hilfe im Alltag völlig aufgeschmissen zu sein, kaum aus dem Haus zu kommen und keine sozialen Kontakte zu haben – eben wegen jenes 11. September 2001.
Auf Facebook zeigten die Betroffenen ihr anderes Gesicht. Dort sieht man die Sozialhilfe-Bezieher beim Hochseeangeln, Motorradfahren, Helikopterfliegen, Basketballspielen, Casino-Besuchen in Las Vegas oder in der Kampfsportschule – kerngesund, strahlend und voller Lebensfreude. „Die Unverfrorenheit“, mit der die Allgemeinheit hier geschädigt wurde, „ist schockierend“, sagte der Staatsanwalt.
Die Verteidiger der als Drahtzieher beschuldigten Männer um den 83-jährigen Juristen Raymond Lavallee, der gegen eine Million Dollar Kaution bis zur Verhandlung auf freien Fuß kam, wiesen die Vorwürfe von sich.
Aufgefallen war das Schurkenstück durch eine Routinekontrolle. Den New Yorker Sozialbehörden kam seltsam vor, dass zwei ehemalige Polizisten, die wegen geistiger Behinderung üppige Finanzhilfen bekamen, noch einen Waffenschein besaßen.