Brüssel. Die Schoko-Zigaretten gehören für viele wie selbstverständlich zur Kindheit. Damit könnte bald allerdings Schluss sein, denn das EU-Parlament hat nun die Abschaffung von “Anbahnungswaren“ für Tabakprodukte verboten. Das Gesetz, wie es jetzt besteht, muss aber nicht unbedingt so bleiben...
Ende der Schoko-Zigarette? Schluss mit der Marzipan-Zigarre? Aus für die tönerne Pfeife, die Weckmänner und Stutenkerle zwischen Sankt Martin und Weihnachten vor dem dicken Hefeteig-Bauch tragen? Gefahr droht vertrautem Naschwerk und Brauchtum mal wieder aus Europa.
Als Spaßbremse hat sich diesmal das EU-Parlament betätigt. Es fasste im Oktober einen Beschluss, wie der Verkauf von Zigaretten und anderen Tabakerzeugnissen strenger geregelt werden soll. Hauptziel: Jugendliche gar nicht erst auf die schiefe Ebene zur Nikotin-Sucht gelangen lassen.
Aus dieser Perspektive waren nicht nur Warnhinweise und Schock-Fotos auf der Packung angezeigt. Es erschien auch verdächtig, was aus Schokolade oder Lakritz besteht, aber wie Zigarette aussieht – noch keine Einstiegsdroge, aber immerhin ein gefährliches Anbahnungsinstrument.
Also verabschiedeten die Abgeordneten einen Passus, wonach „imitierte Tabakerzeugnisse, die für Minderjährige attraktiv sein können und einen potenziellen Einstieg in den Konsum von Tabakerzeugnissen bieten können, verboten werden“. So wurde es als Änderungsantrag eingebracht, so wurde es beschlossen.
Parlamentarier hatten das Verbot nicht auf dem Radar
Das Problem: Die meisten Abgeordneten hatten in der Flut der Anträge längst den Überblick verloren und offenbar gar nicht gemerkt, wofür sie da stimmten. Die Größe der Warnhinweise, das Verbot von Aromastoffen, die Zulässigkeit von Slim- oder E-Zigaretten – so viele Punkte, alle erkennbar wichtiger als die Gefahr durch Tabak-Imitate. „Wir hatten das nicht auf dem Radar“, räumt der CDU-Abgeordnete Peter Liese freimütig ein.
Liese gehört zu jenen, die nunmehr, nach Aktivierung des Radars, finden: Zigaretten aus Tabak zulassen, aus Schokolade verbieten - das ist Unsinn. Nur: Beschluss ist Beschluss, nachträgliche Korrektur von Abstimmungsergebnissen nicht vorgesehen.
Doch Gott sei dank ist die neue Richtlinie noch nicht verabschiedet. Der endgültige Text muss bis Jahresende mit dem Ministerrat ausgehandelt werden. Im Parlament herrscht die diskrete Hoffnung, dass der Rat als Organ der Regierungen die Klausel gegen imitierte Tabakprodukte wieder streicht.
Wenn’s geht, mit einem schonenden Argument, wie etwa der Erklärung: Süßwaren gehören nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie. Gegen einen derartigen Hinweis, heißt es selbst bei den Grünen, „werden wir uns nicht verkämpfen“.