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Die erste Folge der Mini-Serie „Top of the Lake“ läuft noch keine zwei Minuten, da geht ein Mädchen in Schuluniform ins Wasser. Das Bild ist – vor grandioser Landschaftskulisse im Morgenlicht – so schön, wie es schrecklich ist. Und es gibt den Ton an für das sechsteilige Werk der neuseeländischen Filmemacherin Jane Campion („Das Piano“). Arte zeigt die rätselhafte, aufregende Geschichte mit je drei Folgen an zwei Donnerstagen, 7. und 14. November (20.15 Uhr).

Das Mädchen Tui wird gerettet. Erstmal. Doch als die Schulkrankenschwester Tui trockene Kleider geben will, entdeckt sie, dass die Zwölfjährige schwanger ist. Die Polizei bittet Beamtin Robin Griffin als Spezialistin im Umgang mit Kindern und Jugendlichen um Hilfe. Die junge Frau lebt in Australien, ist in ihrer Heimat nur zu Besuch, und die Kombination aus Vertrautheit und Fremdheit lässt erahnen, dass Robin nicht ohne Grund das Weite gesucht hat.

Tui scheint es ihr gleichzutun und verschwindet aus dem Haus ihres Drogen dealenden, skrupellosen Vaters, in dem auch ihre verkommenen, erwachsenen Halbbrüder leben. Polizistin Robin macht sich auf die Suche und stellt sich, angstfrei bis zur Selbstverachtung, den unheimlichen Hinterwäldlern in den Bergen Neuseelands entgegen.

Nach drei Folgen sind kaum Figuren aufgetaucht, die man gleichzeitig als gesund, nett und schlau bezeichnen könnte, dafür viele, die mit „zwielichtig“, „gewalttätig“ (meistens Männer), „traumatisiert“ (meistens Frauen) oder „durchgeknallt“ (geschlechtsneutral) ganz gut beschrieben wären. Die neuseeländische Tourismus-Behörde ist vermutlich nicht sehr glücklich.

Obwohl: Die großen Bilder, mit denen Jane Campion, Co-Regisseur Garth Davis und Kamerakünstler Adam Arkapaw ihre Geschichte erzählen, haben Kinoqualität und großes Sehnsuchtspotenzial. Raue Berge, üppige Wälder und der spiegelnde See spielen ähnlich wichtige Rollen wie das hervorragende Ensemble.

Mehr Maxi-Film als Mini-Drama

Elisabeth Moss („Mad Men“) trifft jede Nuance genau, wenn sie als Robin nicht nur mit der Krebserkrankung ihrer Mutter klarkommen, sondern sich einem schweren Trauma aus ihrer Jugend stellen muss. Holly Hunter, die mit ihrer Leistung in Campions „Piano“ ei­nen Oscar gewann, spielt die seltsame GJ an der Spitze einer Gruppe ausgestiegener Frauen wunderbar hintergründig, und Peter Mullan gibt dem Drogenbaron Matt weit mehr Facetten als seine gewissenlose Brutalität. Dieses Krimidrama ist mehr Maxi-Film als Mini-Serie – wie gut, dass Arte drei Folgen pro Abend zeigt.