Essen. . Eine Serie wie ein Roman: differenzierte Charakter, opulente Ausstattung und spannend obendrein. Das gilt für “Breaking Bad“, und für “Mad Men“ gilt das erst recht. Aber warum, bitte, versteckt das ZDF die Serie im Spätabend-Programm?

Vielleicht fragt man sich zuletzt, wenn man "Mad Men" sieht, ob so ein brillant gemachtes Sittengemälde über den amerikanischen Zeitgeist der 60er in Deutschland machbar wäre, eine so intelligente Serie, die auf der Langstrecke über sechs Staffeln die Qualitäten eines großen Romans offenbart.

Um dann den Kopf zu schütteln; egal, ob’s an mangelnden Ideen oder mangelndem Geld oder einer Kombination aus beidem liegt: So etwas würde hier nicht produziert, Edgar Reitz’ "Heimat" wird die ewige Ausnahme bleiben.

Eine Tiefenschärfe, wie man sieaus dem Fernsehalltag nicht kennt

Dann aber will man es in Deutschland wenigstens sehen. Und dann setzt der Ärger darüber ein, dass jene Serien, die ein neues Fernsehzeitalter begründet haben, weil sie gehobenen literarischen Ansprüchen genügen und mit den Sehgewohnheiten brechen, "Breaking Bad", "Boardwalk Empire", "Homeland", "House of Cards", "The Wire" oder eben "Mad Men" an den großen Sendern, die von unseren Gebühren leben, fast ausnahmslos vorbeiflimmern.

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ARD-Programmchef Volker Herres behauptete in einem Interview in der „Zeit“ im Sommer, er hätte gar keinen Platz für eine Serie wie „Homeland“, was wiederum die Frage aufwirft, warum die ARD Platz hat für einen Programmchef, der keinen Platz für solche außergewöhnlichen Serien findet. Serien, die im Übrigen ein Publikum locken, das dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen längst den Rücken gekehrt hat. Herres’ Vorgesetzter Lutz Marmor verteidigte das blamable Geständnis eine Woche später an gleicher Stelle indirekt mit dem Hinweis, das Gucken der genannten US-Serien auf dem Computer entspreche der Lebenswirklichkeit junger Feuilletonisten.

"Breaking Bad" schaffte es schließlich zu Arte

Die sensationelle Krimigroteske "Breaking Bad" schaffte es schließlich zu Arte, und das ZDF immerhin kaufte "Mad Men" ein. Eine elegante, preisgekrönte Serie über den Kosmos einer Werbeagentur in den 60ern als Spiegelbild einer Zeit, in der Sexismus und Rassismus zum guten Ton gehörten, in der Männer reich und Frauen Mütter wurden, in der vermeintlich coole Jungs um einen Alpharüden namens Don Draper (Jon Hamm) ununterbrochen qualmen und ihre Geschäftserfolge mit einem Bourbon herunterspülen, während sich schöne Frauen ihre Plätze in der Ehe oder im Büro erkämpfen müssen. Eine Serie, in der Charaktere eine Tiefenschärfe bekommen, wie man sie aus dem Fernsehalltag nicht kennt, veredelt mit der Ausstattung einer Kinoproduktion.

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Das Zweite warb sogar mit frechen Plakaten vor vier Jahren, da kommt etwas Großes, etwas Neues auf uns zu. Doch dann verklappten die mutlosen Mainzer die erste Staffel in ihrem Ableger ZDFneo. Ganze 80.000 Zuschauer schalteten laut Branchendienst "meedia" zur Premiere ein. Im ZDF, diese These darf man nach allen Erfahrungen mit der Wahrnehmung von Spartensendern wagen, wären bei richtiger Platzierung locker eine Million drin gewesen. Oder mehr.

Der Trost: "Mad Men" gibt es auf DVD

Dass "Mad Men" mit der fünften Staffel ab Freitag (23.30 Uhr) in den Hauptsender wechselt, wo mehr Aufmerksamkeit gewiss ist, ist der Höhepunkt des öffentlich-rechtlichen Versagens: Wer die ersten vier Staffeln nicht gesehen hat, der bekommt keine Chance mehr. In der Regel kann man bei Serien nach einem halben Jahr wieder einsteigen, ohne den Anschluss zu verlieren. Doch das ist ja der Bruch mit dem Herkömmlichen: Serien wie "Mad Men" bauen ihre Geschichte auf wie die Kapitel eines Buchs. Wer die Entwicklung nicht begleitet, der versteht nichts.

Der Trost kostet Geld: "Mad Men" gibt es in DVD-Boxen. Sie sind jeden Cent wert.