Berlin. .

Ob diese Frau noch den guten alten Muskelkater kennt? Blöde Frage. Madonna trainiert zwei Stunden am Tag, sechs Tage in der Woche und das seit Jahrzehnten. Jetzt hat das Material Girl in Berlin seinen ersten deutschen Fitnessclub eröffnet und gleich mit ein paar Litern Schweiß eingesegnet. Madonna, tiefgläubige Missionarin des Körperkults, kam, sah und schwitzte.

Stell’ dir vor, Du stehst an der Supermarktkasse und Madonna läuft draußen vorbei: Am Donnerstagabend kam die Pop-Ikone kurz vor Ladenschluss ins noble Zehlendorf, wo ihr ambitionierter „Hard Candy Fitness“-Club vor einigen Wochen aufgemacht hat – ziemlich profan zwischen Einkaufszentrum, Schnellreinigung und Backshop. Seit zehn Uhr morgens stehen ein paar hartgesottene Fans im Berliner Nieselregen. Es ist schon lange dunkel, als Madonna endlich auf den roten Teppich stakst: Auf mindestens 20 Zentimeter hohen Hacken, die wohl geformten Oberschenkel in knallengen Leggins, dazu Lederjacke und blonde Stirntolle. Madonna ist 55 geworden. „Wie schön sie noch ist“, staunt die 42-jährige Grit, zwei Meter entfernt hinter der Absperrung. „Makellos“, findet auch Studentin Natalie. „Dabei ist sie so alt wie meine Mutter!“

Die 17-jährige Isabel ist aus Hannover angereist und hat jetzt Tränen in den Augen. Vor Glück. Sie ist eine der wenigen, die ein Autogramm ergattert haben. Alexandra (40) dagegen zuckt die Achseln unter ihrem nassen Regenponcho: Ob sich das lange Warten gelohnt hat? „Na ja, ich habe sie jetzt mal aus der Nähe gesehen.“ Knapp 300 Fans sind gekommen, weit weniger als erwartet. Keine Viertelstunde dauert Madonnas Auftritt. Ihre PR-Frau schiebt sie zügig vor die wartenden Fernsehkameras – für die Fans bleiben nur Augenblicke. Mehr Zeit nimmt sich Madonnas persönliche Fitnesstrainerin.

Nicole Winhoffer ist die Frau, die Madonnas Körper modelliert hat, die es schafft, dass eine 55-Jährige zwei Stunden lang nonstop die Bühne rockt. In Netzstrümpfen und schwarzen Hotpants turnt die Chefgymnastin ein paar Schritte aus Madonnas täglichem Trainingsprogramm vor. „Findet Ihr nicht auch, dass Madonna den aufregendsten Körper auf der ganzen Welt hat?“, brüllt sie zwischen zwei Übungen in Richtung der Fans. Ja, klar — schallt es brav zurück.

Für rund 100 Euro pro Monat können die Mitglieder im „Hard Candy Fitness“-Club nach Madonnas Maxime trainieren. Ihr Credo: Hart ist gut, härter ist besser. Madonna, die Missionarin. Die Frau, die sich in den eigenen Fitnesstrainer verliebte – und Tochter Lourdes bekam. Sie verkauft ihr Fitnessprogramm mittlerweile weltweit, mit Videos und Clubs in etlichen Ländern. Körperkult? Klar. Madonna hat aus ihrem Leib ein Gesamtkunstwerk gemacht und vermarktet es wie kein anderer. Dazu gehört auch ihre Fitness-Religion. „Glücklicher“ fühle sie sich damit, sagt die Frau mit den stählernen Muskeln. Als Kind schon hat sie mit dem Tanzen angefangen, heute ist Schweiß ihre liebste Droge: „Addicted to sweat“, süchtig nach Schweiß, heißt ihr Trainingskonzept. Für eine Handvoll ausgewählter Schweißsüchtiger gab es am Donnerstagabend gleich eine Probestunde mit Vorturnerin Madonna. Schwitzen mit dem Guru.

In mehr als 20 verschiedenen Kursen können die Clubmitglieder in Madonnas Berliner Fitnesstempel ihren Leib quälen, müssen aber erstmal den hauseigenen Jargon lernen. Okay, es gibt hier auch Klassiker wie Pilates und Yoga. Doch wer einfach nur was Schnelles für Bauch-Beine-Po sucht, muss erkennen, dass solche Begriffe vollkommen out sind. Bei Madonna macht man „Aqua Zumba“, eine Mischung aus Kneipp und Samba, oder „Heels Workout“ — ein gezielter Muskelaufbau für Frauen in Stöckelschuhen. Muskelkaterrisiko? Hoch.