Florenz. .

Patrick Lumumba hat vor allem einen Wunsch. „Die arme Meredith verdient Gerechtigkeit“, sagte der aus dem Kongo stammende Kneipenbesitzer im neu aufgerollten Prozess um den Mord an der britischen Studentin Meredith Kercher. Damals, vor sechs Jahren, war Lumumba fälschlicherweise bezichtigt worden, in die Bluttat verwickelt gewesen zu sein. Zwei Wochen saß er in Haft.

Wie lange das neue Verfahren dauern wird, konnte am Montag niemand sagen. Die Hauptbeschuldigten erschienen wie erwartet nicht: Weder die US-Amerikanerin Amanda Knox (26) noch ihr italienischer Ex-Freund Raffaele Sollecito (29) nahmen an dem Prozessauftakt teil.

Italiens hoch kompliziertes Justizsystem beschäftigt sich nun schon zum vierten Mal mit dem Fall. Knox und Sollecito waren 2009 zunächst wegen der Ermordung Kerchers in einem Indizienprozess zu langen Haftstrafen verurteilt worden. Später wurden sie dann freigesprochen, doch im März kippte das höchste italienische Gericht den Freispruch und ordnete die Wiederaufnahme an.

Kercher war im November 2007 halbnackt und mit durchschnittener Kehle in ihrem Bett gefunden worden. Knox, deren Ex-Freund und ein weiterer Bekannter, der bereits wegen Beihilfe zum Mord verurteilt wurde, gerieten in Verdacht, die Austauschstudentin bei Sexspielen getötet haben.

Carlo Della Vedova, einer von Knox’ Verteidigern, warnte am Montag angesichts des juristischen Hin und Hers davor, der Fall könne von einem Gericht zum nächsten wandern und sich so bis ins Unendliche verzögern. Schließlich könne die höchste Berufungsinstanz, das Kassationsgericht, jedes Urteil aufheben.

Paradoxerweise sprach sich Della Vedova für einen weiteren juristischen Schachzug aus: Das Verfahren in Florenz solle ausgesetzt und stattdessen das Verfassungsgericht gefragt werden, ob nicht Knox’ Recht auf eine zeitlich angemessene Prozessdauer verletzt werde.

„Wir suchen verzweifeltnach Gerechtigkeit“

Auch Sollecitos Anwälte argumentierten mit dem Faktor Zeit. Es bestehe die Gefahr, dass sich das Verfahren über weitere „fünf oder sechs Jahre“ hinziehe, sagte Giulia Bongiorno. Die bekannte Juristin und frühere Abgeordnete von Silvio Berlusconis konservativer Partei ersuchte daher den Vorsitzenden Richter Alessandro Nencini, nicht auf den Antrag der Anklage einzugehen, „unzuverlässige“ Zeugen anzuhören.

Zugleich forderte sie zusätzliche wissenschaftliche Untersuchungen. Etwa darüber, ob es überhaupt möglich gewesen sein könnte, dass Knox und Sollecito ihre Spuren aus dem Zimmer des Opfers entfernten und stattdessen Spuren von Rudy Guede aus der Elfenbeinküste legten. Er war wegen Beihilfe zum Mord zu 16 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Staatsanwalt Alessandro Crini willigte in neue DNA-Tests an einem Messer ein, das als Mordwaffe gilt.

Kerchers Familie ließ in einem Brief mitteilen, dass sie das Verfahren von Großbritannien aus verfolgen werde. „Es waren die sechs schwierigsten Jahre unseres Lebens“, sagten sie und ergänzten: „Wir suchen verzweifelt nach der Wahrheit und nach Gerechtigkeit für Meredith, die uns auf so brutale und unnötige Weise genommen wurde.»

Richter Nencini machte deutlich, dass er sich nicht unter Druck setzen lassen und den Prozess durchziehen werde: „Das hier ist kein Taliban-Gericht, wir werden allen die Zeit geben, ihre Argumente vorzutragen.“ Für den zunächst unschuldig verhafteten Lumumba ist die Frage über Schuld oder Unschuld indes längst klar: „Ich möchte nur, dass Amanda wieder ins Gefängnis kommt.“