Essen/Berlin. Eine junge Frau, ein platter Spruch und möglichst wenig Klamotten: Der Verein “Pinkstinks“ hat eine Petition gegen Sexismus in der Werbung beim Deutschen Werberat eingereicht. Doch das Gremium sieht keinen Handlungsbedarf. Denn die entscheidende Frage bleibt offen: Wo fängt Sexismus an?

Zur Kundgebung am Brandenburger Tor kamen knapp 400 Menschen, viele hielten Transparente: "Werbung verarscht dich", "Gegen frauenfeindliche Werbung und Medienbeiträge", oder "Frauen können mehr als schön aussehen".

Jetzt soll der Protest eine offizielle Note bekommen: Der Verein "Pinkstinks" hat eine Petition beim Deutschen Werberat eingereicht. Ziel: Sexismus in der Werbung verbieten. Dazu fordert "Pinkstinks" das Aufsichtsgremium auf, Werbung künftig aus der Sicht von Kindern zu beurteilen - und entsprechend strengere Maßstäbe anzulegen.

"Kinder können Ironie nicht erkennen"

Der Hintergrund: Bislang betrachtet der Werberat angeprangerte Werbung aus der Sicht eines "durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers". Das führte dazu, so die Beschwerde von "Pinkstinks" dazu, dass Kritik an Werbekampagnen zurückgewiesen wurde, weil der Durchschnittsverbraucher die ihnen innewohnende Ironie erkennen könne.

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Pinkstinks argumentiert, Kinder könnten derartige Ironie oder Kampagnen, die "mit einem Augenzwinkern" funktionierten, nicht erkennen. Darstellungen von überzogenen Geschlechterrollen träfen Kinder unvermittelt und direkt. "Bilder sind mächtig, und die Außenwerbung in den Großstädten hat in den letzten Jahren bedeutend zugenommen", heißt es in der Petition. Deshalb sollte der Werberat Kinder vor einer „Reduzierung von Frauen auf eine ständige sexuelle Verfügbarkeit“ schützen.

Werberat sieht keinen Anlass zum Handeln

Beim Deutschen Werberat ist man empört über den Vorwurf, man würde den Schutz von Kindern vernachlässigen. Dieser habe "seit Jahrzehnten einen ganz besonders hohen Stellenwert in der Arbeit des Werberats". Die Idee, Werbung künftig nur noch aus Kindessicht zu beurteilen, betrachtet der Werberat dagegen als unausgegoren; das würde der Verpflichtung des Werberats zu einer ausgewogenen Abwägung zuwider laufen.

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Stattdessen gelte das „Balance-Gebot“: Bei der Beurteilung von Werbung dürfe keine Sichtweise ausgeklammert werden, auch nicht die Sicht derjenigen, die mit der Werbung angesprochen werden sollen.

Wo fängt sexistische Werbung an?

Zudem weist der Werberat auf ein Problem hin, dass auch die Aktivisten von Pinkstinks noch nicht gelöst haben: Was genau ist sexistische Werbung beziehungsweise wo fängt sie an? Der Verein kritisierte beispielsweise die Plakatkampagne eines Fitnessstudios. Das Motiv: die leicht gebückte Rückansicht einer jungen Frau in knapper Unterwäsche, dazu der Slogan: "Fitness ist fürn Arsch." In dieser Darstellung werde die Frau zum Sexobjekt, argumentierte Pinkstinks, was auf Facebook viel Zustimmung fand. Der Werberat wertete den Begriff "Arsch" zwar als grenzwertig, die gesamte Kampagne aber nicht. Schließlich diene ein Fitnessstudio-Besuch ja tatsächlich dazu, die Po-Muskulatur zu straffen. (mit dpa)