Essen. . Er könne auch ein Schnitzel spielen, hat Robert de Niro einmal gesagt. Leider waren seine letzten Filme größtenteils so schlecht, dass dies auch kein Abstieg werde. Dabei gibt es kaum bessere Schauspieler auf der Welt.

Ich könnte auch ein Schnitzel spielen, hat Robert De Niro mal gesagt. Bei seinem Wandlungsvermögen und seinem Perfektionsdrang traut man ihm zu, dass er sich auch noch in das Innenleben eines Fleischstücks einfühlt. Aber wenn man seine Rollen der letzten Jahre rekapituliert, kommt man eher auf den Gedanken, dass es kein langer Weg mehr ist, bis er ein Schnitzel spielt. Denn, soviel Zorn muss erlaubt sein, wenn man dem vielleicht größten lebenden Schauspieler zum 70. Geburtstag am Sonntag gratuliert: An welchen filmischen Grobschnitt er sein feines Talent zuweilen vergeudet, das schmerzt den, der seine Verführungskunst zu schätzen weiß.

Der Blick geht weit zurück

Demontiert da ein Alter sein Jugendwerk? De Niro wünscht man zum 70. noch einen großen Film. Wie „Der Pate II“. Wie „Die durch die Hölle gehen“ oder „Es war einmal in Amerika“, wie „Casino“, „Good Fellas“ oder „Heat“ – Meilensteine. Drehbücher, Regisseure, die seiner würdig sind, keine Aushilfskellner, die mit seinem Namen ihre Biografien schmücken. Scorsese, Coppola, Michael Mann. Aber da war lange nichts mehr.

Zwei, drei Filme dreht Robert De Niro im Jahr und was davon bleibt in Erinnerung? Zuletzt blamierte er sich als grauer Sexprotz in der Klamotte „Big Wedding“; dabei hatte er doch allen Skeptikern in „Reine Nervensache“ längst bewiesen, dass er auch ein glänzender Komödiant sein kann, weil er eben alles kann. Warum also solche Entgleisungen? Es ist die Geldgier, ätzen Kritiker in seiner Heimatstadt New York, wo De Niro, der als Einzelkind in einer Künstlerfamilie aufwuchs, schic­ke Restaurants und ein Hotel gehören. Freilich kennt man die Qualitätsverschwendung auch von anderen Riesen, Gene Hackman, Michael Caine, Al Pacino – Orson Welles.

Der Blick muss weit zurückgehen, um De Niros Klasse zu würdigen, dann sieht man, welchen Fußabdruck er in der Filmgeschichte hinterlassen hat. Der Blick geht zurück in die 70er, zurück zu dem nervösen New Yorker Straßenköter mit dem gefährlichen Grinsen, zu dem sehnigen, tänzelnden Burschen, bei dem jede Geste, jede Bewegung sitzt, der stets auf dem Sprung ist, seine Aggressionen mühsam im Zaum hält, zurück zu Martin Scorseses rüden Milieustudien „Hexenkessel“ und „Taxi Driver“. Travis Bickle, der Vietnamveteran im Taxi, der „den Abschaum von der Straße spülen“ will, wird zur Kultfigur in einem verunsicherten Land.

Acht Filme drehen die beiden gemeinsam, Scorsese, der Filmema­cher, lotet De Niros düstere Macho-Seite aus, immer wieder als Mafioso, ganz besonders aber als cholerische, heruntergekommene Boxerlegende in „Wie ein wilder Stier“. Für seinen besten Auftritt frisst sich De Niro 30 Kilo Übergewicht an; der bedingungslose Körpereinsatz zementiert das Bild vom Besessenen, der alles der Rolle unterordnet. Es bringt ihm einen seiner beiden Oscars; den ersten hatte er 1975 als bester Nebendarsteller für „Der Pate II“ gewonnen.

Es gibt nur eine Rolle, die ihm nicht liegt

Bei Stella Adler, der Lehrerin, die auch Marlon Brando und De Niros Kumpel Harvey Keitel formte, hatte sich De Niro in den frühen 70er-Jahren mit dem Stil infiziert, sich als Chamäleon im Film zu bewegen, völlig in der Figur aufzugehen. Gleichwohl entwickelte er über die Jahre typische, wiederkehrende Merkmale im Ausdruck, die er heute gern ins Parodistische verkehrt, wenn er in Komödien mitmischt.

Es gibt nur eine Rolle, die Robert De Niro nicht liegt – die öffentliche. Interviews hasst er, seine einsilbigen Antworten sind gefürchtet. Da blickt man ihn an und denkt an den verstörten Taxi Driver Travis Bickle, der vor dem Spiegel das Schießen übt und mit sich selbst spricht. „Laberst du mich an? Laberst DU mich an?“ Lieber nicht.