Frankfurt/Main. Bahn-Konzernlenker Rüdiger Grube wollte Mainzer Stellwerker aus dem Urlaub zurückholen - und soll selbst mehrere seiner Angestellten angerufen haben. Für Gewerkschafter ein Unding, die Beschäftigten brauchten “dringend Urlaub“. Die Bahn betont, Mitarbeiter dürften auch “Nein“ sagen.

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hat Telefonate kritisiert, mit denen Bahn-Chef Rüdiger Grube persönlich Mainzer Stellwerk-Mitarbeiter angesichts der Probleme am dortigen Bahnhof zur Rückkehr aus dem Urlaub bewegen wollte. Dass Beschäftigte, die "dringend Urlaub brauchten, vom obersten Konzernlenker persönlich" in einer "Telefonaktion" angerufen würden, sei "ein Ding der Unmöglichkeit", erklärte EVG-Chef Alexander Kirchner am Mittwoch. Es stelle sich die Frage, ob das Unternehmen auf diese Weise seiner Fürsorgepflicht gegenüber den Mitarbeitern gerecht werde.

Die Bahn hatte Anrufe von Konzernchef Grube bei Stellwerk-Mitarbeitern bislang nicht direkt bestätigt. Der Vorstandschef der für das Schienennetz zuständigen Konzerntochter DB Netz AG, Frank Sennhenn, hatte am Dienstag lediglich bestätigt, Grube habe zu Mainzer Stellwerk-Mitarbeitern Kontakt in einer Art und Weise aufgenommen, die es "ihnen erlaubt, auch 'Nein' zu sagen".

Viele hatten seit Dezember keine drei Tage am Stück frei

Es gebe einzelne Mitarbeiter im Mainzer Stellwerk, die seit Dezember "keine drei Tage am Stück" frei gehabt hätten, erklärte Gewerkschaftschef Kirchner. Viele Mitarbeiter dort hätten Urlaube in der Vergangenheit verschoben oder abgebrochen. Die Beschäftigten in Mainz schöben "alle einen riesigen Berg Überstunden" vor sich her. Jetzt bräuchten sie Erholung.

"Wie in fast allen Stellwerken in Deutschland" werde auch in Mainz "nur der Mangel verwaltet", erklärte Kirchner. 60.000 Schichten fielen aus, weil Fahrdienstleiter fehlten. Aber auch "in vielen anderen Bereichen" des Konzerns könne es aufgrund von Personalmangel "jederzeit zum Crash kommen". Dies wolle die EVG den Personalverantwortlichen der Bahn bei einem Spitzengespräch in Frankfurt am Main am Nachmittag verdeutlichen.

Bis Ende des Monats soll Normalbetrieb wiederhergestellt sein

Ob es nach dem Gespräch mit den Personalern auch zu einem Treffen mit Bahn-Chef Grube komme, wolle die Gewerkschaft offen lassen, erklärte Kirchner. "Für uns steht das Gespräch mit den Personalvorständen im Vordergrund."

Am Mainzer Hauptbahnhof fallen derzeit zahlreiche Züge aus, und der Regionalverkehr läuft nur eingeschränkt. Fernverkehrszüge wie ICE werden teils umgeleitet oder halten an anderen Bahnhöfen. Grund ist ein Personal-Engpass im Mainzer Bahn-Stellwerk. Bis Ende des Monats will die Bahn dafür sorgen, dass der Zugverkehr in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt wieder normal läuft. (afp)