Königswinter. .

Felix Pieper ist verzweifelt. Der Winzer aus Königswinter bangt um seine Existenz. Nach Steinschlägen am Siegfriedfelsen hat der Fachbereich „Ar­beitsschutz“ der Bezirksregierung Köln den Weinberg des 30-jährigen Unternehmers gesperrt. Es bestehe für Pieper und seine sechs Beschäftigten Lebensgefahr bei der Arbeit, heißt es.

Erst waren über vier Hektar, jetzt sind mehr als sechs dicht. Seither ist Piepers Mannschaft zur Untätigkeit verdammt. Notwendige Pflegearbeiten können nicht ausgeführt werden. Nur in einem Bereich von knapp drei Hektar Größe ist der Zutritt erlaubt. „Ein gründlicher Schnitt nach den starken Regenfällen der vergangenen Tagen und Wochen ist dringend nötig“, klagt der Weinbauer.

Wild wucherndes Grün muss gestutzt werden, damit der Wein atmen kann und seine Blätter viel Sonne bekommen. „Nur so erfährt der Wein die nötige Süße“, erklärt der Winzer, der für seine Trauben das Schlimmste befürchtet. „Die apokalyptischen Reiter waren wieder da“, kommentiert der Mann den jüngsten Besuch von Vertretern der Bezirksregierung.

Kann er in diesem Jahr keine Trauben ernten, muss Pieper laut Landwirtschaftskammer NRW ei­nen Schaden in Höhe von 250 000 bis 300 000 Euro schultern. Kann er in diesem Jahr gar nicht mehr in den Berg, sagt die Kammer einen Schaden in Millionenhöhe voraus.

Geplant ist die Weinlese an den Hängen des Drachenfelses für September. Vor dem Kölner Verwaltungsgericht ist der Winzer mit ei­nem Eilantrag gescheitert, der das Arbeitsverbot kurzzeitig aussetzen sollte. Jetzt bereitet sein Anwalt Maurice Berbuir eine Klage gegen die Stadt Bad Honnef vor.

Denn die Lage am Weinberg ist komplex: Die bröckelnden Siegfriedfelsen, in Königswinter gelegen, gehören dem Verschönerungsverein für das Siebengebirge. Alle Wege aber sind Eigentum der Stadt Bad Honnef. Und die sind für Wanderer seit Januar 2011 tabu, nachdem erste Steine ins Tal gestürzt waren. „Die Stadt soll den Verschönerungsverein zwingen, seine Pflicht zu erfüllen und den Felsen zu sichern“, sagt Pieper. Der Verein winkt aber ebenso ab wie die Stadt: Man habe das Mögliche getan, Geld sei in den klammen Kassen ohnehin nicht zu finden.

„Eine mobile Schutzwand könnte mich vor Steinschlag bewahren“

Betroffen ist auch das Gut des Nachbarn Karl Heinz Broel. Beide Winzer fühlen sich derzeit alleingelassen, zumal Bad Honnefs Bürgermeisterin Wally Feiden (SPD) erst nach ihrem Urlaub aktiv werden will.

Erlaubt ist der Weinanbau in diesem Teil des Siebengebirges seit 1972. Nach der Flurbereinigung sollten Traditionen aufleben – und die Weinkultur. Doch in der Euphorie dachte niemand daran, dass die Berge bröckeln könnten. Bis 1823 hatten sie als Trachyt-Steinbruch für den Kölner Dom gedient.

Nun hat Felix Pieper den Mainzer Geotechniker Johannes Feuerbach um ein Gegengutachten gebeten. Dieses bestätigt allerdings die Einschätzung der Bezirksregierung. Aber: „Eine mobile Schutzwand könnte mich und meine Kollegen bei der Arbeit vor Steinschlag bewahren“, nennt Pieper einen Vorschlag Feuerbachs. Die Wand, 50 Meter lang, käme aus der Schweiz. Sie kostet 65 000 Euro.

„Bezahlen kann ich das nicht“, sagt Felix Pieper, der sich auch von Naturschützern angegriffen fühlt. Diese meinen, man solle von langfristigen baulichen Schutzmaßnahmen um der Natur willen absehen. Für einen Fangzaun müsste Pieper nur seine oberste Anbautrasse aufgeben. „Aber da wächst Riesling. Das ist unser bester Wein. Damit machen wir den größten Umsatz.“