Rom. . Silvio Berlusconis politische Karriere scheint nach seiner rechtskräftigen Verurteilung zerschlagen. Doch offenbar hat er eine geeignete Nachfolgerin schon gefunden: Seine älteste Tochter Marina soll sein politisches Erbe übernehmen. Bei Treffen ihres Vaters mit der Parteispitze war sie schon dabei.

„Nie wird irgendetwas den Stolz auf meinen Vater mindern.“ Zwischen Marina und Silvio Berlusconi passt kein Haar. Geschweige denn ein Blatt Papier. Im Gegenteil: Die „Lügenmaschine und der Hass der Medien“, die „politische Verfolgung durch die Kriegsherren“ in den Gerichtssälen – wie Marina sagt – haben den Vater und seine Erstgeborene noch stärker zusammengeschweißt als je zuvor.

Und jetzt, wenn Silvio tatsächlich seine öffentlichen Ämter abgeben muss, könnte Marina Berlusconi (47) seine politische Nachfolgerin werden: Parteichefin. Wahlkämpferin. Fortbestand eines siegreichen Markennamens, Generationswechsel zugleich. Und die Rächerin ihres Vaters.

Wenn’s darauf ankommt. So stellen sich jedenfalls Silvios Allergetreueste dessen Weiterleben vor. Und so prominent wie er selbst nach dem fatalen Gerichtsurteil, die Tochter an seiner Seite hat sehen lassen, könnte Marina auch seine eigene Lieblingslösung sein. Will sie? Zählt das überhaupt in dieser „Bedrohung für Italiens Demokratie“, die auch Marina als solche sieht?

Marina Berlusconi ist die mächtigste und wahrscheinlich härteste Unternehmerin Italiens

Noch Ende Juni hat sie – nicht zum ersten Mal – einen Einstieg in die Politik als „Hypothese ohne jegliche Grundlage“ zurückgewiesen. Marina Berlusconi ist die mächtigste und wahrscheinlich härteste Unternehmerin Italiens. „Ein Presslufthammer“, wie Berlusconis langjähriger Fernsehchef Fedele Confalonieri sagt. Sie leitet nicht nur den größten Buch- und Zeitschriftenverlag des Landes, Mondadori, sondern auch die gesamte Familienholding, Fininvest, mit 20 000 Beschäftigten, mit zuletzt 5,1 Milliarden Euro Jahreseinnahmen und mit gut 100 Millionen Euro Netto-Jahresgewinn.

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Zu Fininvest gehören das marktbeherrschende Fernsehreich Mediaset, der A.C. Milan als meistprämierter Fußballklub Italiens, das Versicherungshaus Mediolanum, das Kino- und Filmunternehmen Medusa, die Unterhaltungsfabrik Endemol und, und, und.

Marina und ihr jüngerer Bruder Piersilvio haben den Vater in harter Arbeit umgestimmt, als er 1998, in einem Moment der Schwäche, alles an den konkurrierenden Tycoon Rupert Murdoch verkaufen wollte. Und die stets schwarz gekleidete, stets blondierte Marina, die schon mit 19 Jahren in den Verwaltungsräten der eigenen Fernsehsender auftauchte, hat seither noch mehr Eifer entwickelt, das Geschäft zu mehren.

Privatleben von Marina Berlusconi unspektakulär

Im Gegensatz zu dem ihres Vaters gilt das Privatleben von Marina Berlusconi als unspektakulär: Sie ist seit über zehn Jahren liiert, beziehungsweise verheiratet mit dem damals ersten Tänzer der Mailänder „Scala“, Maurizio Vanadia. Das Paar hat zwei Söhne. Der zweite heißt Silvio, ganz wie der Opa.

Und geboren sind die beiden auch noch am selben Septembertag. Dann ist nur noch die Frage, ob Berlusconis „Volk der Freiheit“ die Einrichtung einer Erbmonarchie so einfach schluckt. Sandro Bondi, der eine Partei-Koordinator, sagt, Berlusconi werde „seine Nachfolge selbst bestimmen“; Denis Verdini, der andere, fordert die Mitsprache der Partei.

Die Ex-Abgeordnete Giorgia Meloni verlangte unlängst, Marina möge sich zusammen mit anderen Kandidaten einer Urwahl stellen. Der „Libero“, eine von Berlusconis Zeitungen, hat bei den Parteimitgliedern schon einmal vorsondiert, wie eine Urwahl ausgehen könnte: Marina Berlusconi landete mit sieben Prozent auf dem letzten Platz. Das war im Juni 2011.

Ob es heute anders käme, weiß keiner. Gewarnt ist Berlusconi auf jeden Fall.