London. . Schaulustige und Journalisten haben sich vor dem St. Mary’s Hospital in London aufgebaut.Sie hoffen, dass das Baby endlich kommt.

Ein Land steht still: Nichts ging mehr gestern in Großbritannien, wo viele Angestellte im Büro vor den Fernsehbildschirmen klebten oder gleich zu Hause in der Nähe der Champagnerflasche auf Nachwuchs bei den Royals harrten. Tausende Neugierige waren gleich zum Buckingham Palast oder dem St. Mary’s Krankenhaus gekommen, um Geschichte live zu erleben. Dort verging Stunde um Stunde – zwischen Hysterie und Humor.

Um kurz vor 6 Uhr hält der unauffällige, blaue Ford am Nebeneingang des Krankenhauses St. Mary’s in Westlondon. Kein Blaulicht, keine Polizei-Eskorte. Die meisten Fernseh-Teams, die hier seit zwei Wochen im Freien campieren, schlafen noch, als zwei Leibwächter Herzogin Kate mit „Wehen im Frühstadium“ auf die Geburtsstation bringen.

The Big Kate Wait

Als die Nachricht eine Stunde später die Runde macht, formiert sich auf über 200 Metern ein Wald aus Trittleitern für die Fotografen. In herrlich emotionslosem Beamten-Englisch hat die Stadtverwaltung „für Ereignis S0601867“ auch die Parkbuchten für Fernseh-Teams reservieren lassen.

„The Big Kate Wait“, das Warten auf Kates Baby, nimmt seinen Lauf. Stunde um Stunde. „Nun ja“, sagt ein Journalist in die Kameras, „wir stehen hier, und es gibt immer noch keine Nachrichten. Das hält uns aber nicht ab von dem, was wir am Besten können: Wild spekulieren!“ Themen gibt es genug: Junge oder Mädchen, Sternzeichen Löwe oder Krebs – nichts davon ist bekannt. In Wettbüros hat das Volk allerdings schon gesprochen: Man wünscht sich einen kleinen Jungen namens George. Unterdessen wird das Material selbst für Spekulationen mager. „Gibt’s was Neues“, fragt die BBC in ihrer Live-Schaltung zum Krankenhaus. „Nö“, kommt die abrupte Antwort des Reporters vom 40 Grad heißen Asphalt.

Immerhin, die Wehen haben begonnen, tröstet Royalist Loughrey die Presse. Das Wochenende war schließlich noch frustrierender. Paparazzi wähnten die hochschwangere Kate bei ihren Eltern in ­Bucklebury, wo tatsächlich Rettungskräfte mit Blaulicht vorfuhren. Falscher Alarm, hieß es Stunden später, als jedes Nachrichtenbüro der Hauptstadt sich schon drehte: Kates Hund Lupo war lediglich mit dem Kopf im Gartentor steckengeblieben. Als Ersatz für ihre geplatzte Geschichte filmten verzweifelte Reporter Souvenirartikel: Brechtüten mit royalem „Siegel“ etwa – eine Anspielung auf Kates frühe Schwangerschaftsübelkeit.

Nur Opa Charles war entspannt

Wirklich entspannt war gestern nur der werdende Opa Prinz Charles. Er besuchte das Eisenbahnmuseum in York, ganz so, als würde da in London nicht gerade Geschichte geschrieben. Das Mantra der Royals ist ohnehin kühler als die Vorfreude im Volk: Ganz egal, ob Junge oder Mädchen, Hauptsache das Baby kommt bald, sodass die Queen in ihren Urlaub nach Schottland abdüsen darf. Sie erfährt als Erstes von der Geburt, da William sie direkt von der Geburtsstation anrufen wird – in einem, darauf legt der Palast wert, „verschlüsselten Telefonat“. Ob diese Warnung neugierigen Journalisten oder Geheimdiensten gilt, ist unklar.

Wenn die Queen Bescheid weiß, bringt ein Kurier die Geburtsurkunde zum Palast und präsentiert sie auf einer Staffelei hinter den schmiedeeisernen Toren. Erst dann erfährt das Land, ob es sich in Zukunft vor einem Prinz oder einer Prinzessin verbeugen muss. Wie das Kind heißt, werden die Briten erst Tage später erfahren. So lange werden die Kamerateams auch vor den Toren des Krankenhauses St. Mary’s harren müssen.