Köln. .
Nur aus der Entfernung kann man das Gesamte wahrnehmen“, mahnt Gerhard Thiele. Der 59-jährige Astronaut ist einer von rund 80 Experten aus aller Welt, die bis Freitag auf dem Weltkongress der Association of Space Explorers (ASE) über die Bedeutung der Raumfahrt in Zeiten des Klimawandels disktutieren.
Überschwemmungen, Dürren oder Flächenbrände sind auf der Erde verheerend– aber aus dem All gut zu beobachten. Wie wichtig diese Perspektive, die nur wenige einnehmen können, in Zeiten des Klimawandels für den Katastrophenschutz auf der Erde ist, darüber tauschen sich Astronauten in diesem Jahr Deutschland aus, in Köln und Bonn findet die Tagung statt.
Sicht aus dem All hilft bei Zukunftsentscheidungen
Schäden durch von Menschen verursachte Naturkatastrophen nehmen weltweit zu – darüber sind sich alle einig. Um die Probleme auch künftig zu handhaben, sei ein neuer Blick auf die Erde notwendig, betont der Direktor der UN-Universität in Bonn, Jakob Rhyner. 1,2 Milliarden Menschen lebten heute in Gebieten mit akutem Wassermangel. In Anbetracht einer stetig wachsenden Weltbevölkerung reiche es nicht aus, ungefähr zu wissen, wo und wie viel Wasser auf der Erde zur Verfügung steht. Man brauche die Sicht aus dem All, um die richtigen Zukunftsentscheidungen zu treffen.
„Es geht darum, die Lebensumstände auf der Erde zu verbessern“, betont auch Raumfahrtmanager und DLR-Vorstandsmitglied Gerd Gruppe. Die Raumfahrt sei keine abgehobene Wissenschaft. Dank ihrer Erkenntnisse lege sie Grundlagen für konkrete Dienstleistungen auf der Erde. Das Wissen um den Himmel hilft: egal ob beim satellitengestützten Navigationssystem oder der Frage, wo Windräder am besten aufgestellt würden.
Ein ganz aktuelles Beispiel für den Nutzwert der Forschungen im Orbit liefert UN-Weltraumexperte Robert Backhaus. Bei den jüngsten Überflutungen an Elbe und Donau kamen Satellitenbilder zum Einsatz, um die Bewegung der Wassermassen vorherzusagen Auch bei Erdbeben bedeute der Blick aus dem All eine wertvolle Hilfe. Bilder, auf denen die ehemaligen Straßenzüge sichtbar werden, seien für Bergungstrupps Gold wert.
Ein bedeutender Teil dieser Informationen stammt von privaten Unternehmen. Die Zusammenarbeit zwischen ihnen und staatlichen Behörden könne aber noch verbessert werden, betont der Astronaut und Professor für Raumfahrttechnik in München, Ulrich Walter.
Eine ganz andere Frage schnitten die Experten bei ihrem Treffen ebenfalls an: Was passiert mit dem Müll im All? „2000 bis 3000 größere Satelliten müssen dringend beseitigt werden“, sagt Astronaut Walter. Wie das gehen kann, soll 2017 eine Versuchsmission klären. Die Zeit drängt. Falls die Satelliten von anderen Teilchen getroffen werden, produzieren sie Berechnungen zufolge weitere 10 000 Teile Weltraumschrott. Irgendwann könnte das die Sicht auf die Erde vernebeln.