Leipzig.. Das größte Konzert, das die DDR je erlebte – es war der Auftritt von Bruce Springsteen in Ost-Berlin im Sommer 1988. Eine MDR-Doku schwelgt ein bisschen in Ostalgie. Spannender aber sind die zeitgeschichtlichen Hintergründe.
In den späten 80ern war er schon zu spüren: der Anfang vom Ende. Vom Ende der DDR. Das Wirtschaftssystem wankte, und junge Leute muckten. Aber Not machte das SED-Regime um Erich Honecker erfinderisch: Kurzerhand stampfte die Regierung eine Konzertreihe aus dem Boden, die der Generation der heute 50-jährigen Ostdeutschen noch immer Glanz in die Augen treibt.
Höhepunkt war der Auftritt von US-Superstar Bruce Springsteen am 19. Juli 1988 in Ost-Berlin. Vor 160.000 Zuschauern. Es sollte das größte Konzert werden, das die DDR je erlebte. Der MDR erinnert daran in der 90-minütigen Doku „Mein Sommer ‘88 – Wie die Stars die DDR rockten“ (Freitag, 20.15 Uhr).
Natürlich bedient der Film von Carsten Fiebeler und Daniel Remsperger ostalgische Gefühle – zumal der Rückblick eingebettet ist in eine fiktive Rahmenhandlung. Der 18-jährige „Locke“ erzählt seine halbautobiografische Geschichte, wie er zum Fan des US-Volkshelden wurde und wie er ein Ticket für das Konzert ergatterte. Aber die Doku deshalb als läppisch abzutun, täte ihr bitter unrecht.
DDR-Manager plaudert aus dem Nähkästchen
Denn die beiden Filmemacher zeichnen nach, wie der Rock-Sommer zustande kam. Musiker wie Joe Cocker und Dave Gahan kramen in ihren Erinnerungen. Was aber noch viel interessanter ist: Die Macher des Konzerts geben einen Einblick ins Geschäft. Hermann Falk, beispielsweise, plaudert aus dem Nähkästchen. Falk war damals Generaldirektor der Künstler-Agentur der DDR.
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Springsteens Manager habe ihm einen Vertrag vorgelegt. Dessen Paragrafen-Werk sei derart beeindruckend umfangreich gewesen, dass er sich außerstande sah, den Papier-Berg binnen einer Stunde durchzuarbeiten. Doch Springsteens Manager setzte ihm die sprichwörtlichen Daumenschrauben an: keine schnelle Unterschrift, kein Konzert. Wolf ließ sich unter Druck setzen, überprüfte nur das Nötigste und unterschrieb.
Allein Wolfs Vorgehen zeigt, wie sehr die DDR-Führung unter gesellschaftlichem Druck stand.
Die Ost-Jugend sehnte sich nach westlicher Freiheit
Und zugleich zeigen die Reaktionen des Publikums, wie sehr sich die Ost-Jugend nach der Freiheit des Westens sehnte. Zur unbestrittenen Festival-Hymne wurde ein Stadion-Kracher, dessen Mitgröl-Refrain gründlich missverstanden wurde: „Born In The U.S.A.“. Der Hit erzählt eine Verlierer-Geschichte: Ein Mann kommt aus der Provinz, seine einzige Chance sieht er bei der Army. Er dient in Vietnam, erntet bei seiner Rückkehr nichts als Unverständnis und treibt einer trostlosen Zukunft entgegen.
Das Publikum, das in der Regel kein Englisch konnte, empfand das Stück als Schrei nach Freiheit.
Ein Jahr später fiel die Mauer.