Rund zwölf Milliarden Euro Schaden durch Flut befürchtet
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Berlin. Die Hochwasserwelle rollt weiter nach Norden - zurück bleibt vielerorts Zerstörung. Vor allem Brandenburg und Schleswig-Holstein rüsten sich gegen die Fluten. Unterdessen werden erste Forderungen nach Konsequenzen aus der Katastrophe laut. Die aktuellen Entwicklungen in den Hochwasser-Gebieten im Überblick.
16:10 Uhr: Gemeinsam mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) will Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) am Mittwoch die vom Elbehochwasser bedrohte Stadt Hitzacker besuchen. Eine Sprecherin der niedersächsischen Staatskanzlei bestätigte dies am Dienstag. Die Visite sei am Nachmittag geplant.
15:38 Uhr: Welche Auswirkungen das Hochwasser in Deutschland auf die Kartoffelernte und damit auf die Preise haben wird, lässt sich nach Angaben von Experten derzeit noch nicht absehen. Regional werde es mit Sicherheit Einbußen geben, sagte der Geschäftsführer des Bundesverbandes der Obst-, Gemüse- und Kartoffelverarbeitenden Industrie, Hans-Peter Karus, am Dienstag in Bonn. "Die Schäden sind aber im Moment nicht bezifferbar."
15:13 Uhr: Das Bundesministerium für Verbraucherschutz will Hochwassergeschädigten mit einer kostenfreien Info-Hotline helfen. Betroffene könnten dort Unterstützung und Rat von Experten der Verbraucherzentralen bekommen, vor allem zu vertrags- und versicherungsrechtlichen Fragen. Die Rufnummer 0800/1003711 wird am Mittwoch, 12. Juni, um 9 Uhr freigeschaltet und soll laut Ministerium bis Ende September immer montags bis freitags von 9 bis 16 Uhr erreichbar sein. Mehr Infos zum Angebot gibt’s auf der Homepage des Verbraucherministeriums.
Wasserstand in Wittenberge relativ stabil
14:25 Uhr: Das Hochwasser an deutschen Flüssen könnte die Versicherungsbranche nach Einschätzung der Ratingagentur Fitch bis zu drei Milliarden Euro kosten. Der volkswirtschaftliche Schaden dürfte sich insgesamt sogar auf rund zwölf Milliarden Euro belaufen, teilte Fitch am Dienstag in Frankfurt mit. Davon müsse die Versicherungsbranche voraussichtlich 2,5 bis 3 Milliarden Euro tragen - damit würde das Hochwasser die Versicherer teurer zu stehen kommen als die Flut 2002. Diese hatte der Branche rund 1,8 Milliarden Euro gekostet.
Aufräumen nach der Flut
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14:07 Uhr: Die Spitze des Elb-Hochwassers hat die Prignitz erreicht. "Das Plateau geht jetzt langsam durch", sagte eine Sprecherin des Krisenstabes am Dienstag in Perleberg (Brandenburg). Der Wasserstand zeigte sich zunächst bei einer Höhe um 7,75 Meter in Wittenberge relativ stabil. "Die Situation ist dennoch nicht zu unterschätzen, weil das Wasser sehr lange bei uns stehen wird", sagte die Sprecherin. Der Landkreis rechnet mit einer Dauer von bis zu zehn Tagen. Die Spitze des Hochwassers soll Berechnungen zufolge etwa 40 Kilometer lang sein. Experten hatten befürchtet, dass die Elbe einen historischen Höchststand von mehr als acht Metern erreicht. Mit der Flutung von Poldern konnte die Situation bislang entspannt werden.
Bruchstelle am Deich in Fischbeck unter Kontrolle
13:32 Uhr: Thüringen arbeitet an einem neuen Hochwasserschutzprogramm. Dafür sollen pro Jahr ab 2015 etwa zehn Millionen Euro mehr als bisher ausgegeben werden. "Wir müssen neu bauen, manche Schutzanlagen auch aufstocken und mehr Überflutungsflächen schaffen", sagte Thüringens Umweltminister Jürgen Reinholz (CDU). "Wir brauchen mehr Polder, wo Hochwasser kontrolliert auf Wiesen und Felder fließen kann, bevor es Ortschaften und Städte flutet."
13:07 Uhr: Die Deichbruchstelle an der Elbe bei Fischbeck in Sachsen-Anhalt ist nach Angaben des Krisenstabes der Landesregierung unter Kontrolle. Der Deich breche nicht noch weiter auf und die Fließgeschwindigkeit des aus dem Flussbett strömenden Wassers sei verringert worden, sagte Landesinnenminister Holger Stahlknecht (CDU) am Dienstag. Zuvor hatte die Bundeswehr mit Hubschraubern große Sandsäcke in die Fluten geworfen.
Helfer aus Regierungsbezirk Düsseldorf treten Heimfahrt an
12:25 Uhr: Das Hochwasser am Mittelrhein wird nach einer kurzzeitigen Entspannung der Lage von diesem Mittwoch an wieder leicht steigen. Das kündigte das Hochwassermeldezentrum Rhein am Dienstag in Mainz an. Für die Schifffahrt gelten weiter Einschränkungen wie ein Tempolimit, aber die Experten gehen nicht von einer erneuten Sperrung des Rheins aus: "Ein Überschreiten der Meldehöhen wird nicht erwartet." Bis zum Donnerstag soll der Pegelstand in Mainz auf 5,10 Meter klettern, am Dienstag lag er bei etwa 4,80 Meter. Für Koblenz sagte das Meldezentrum bis Donnerstag nach fallendem Pegelstand wieder einen Anstieg auf 4,35 Meter voraus.
Politiker sprechen von "nationaler Katastrophe"
12:08 Uhr: Trotz der hohen Schäden aus der Flutkatastrophe ist nach Ansicht von CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt keine Erhöhung der Steuern nötig. "Ich gehe davon aus, dass wir dafür keine Steuererhöhung brauchen", sagte Hasselfeldt am Dienstag in Berlin. Zugleich forderte sie, dass Bund und Länder gemeinsam agieren müssten, um den Menschen und Betrieben in den Hochwassergebieten zu helfen.
11:40 Uhr: Unionsfraktionsgeschäftsführer Michael Grosse- Brömer hat das Hochwasser und die Schäden für die Menschen als nationale Katastrophe bezeichnet. "Deswegen müssen wir auch nationale Solidarität zeigen", sagte er am Dienstag in Berlin. Der CDU-Politiker setzte sich für einen weiteren und schnelleren Ausbau von Deichen und Schutzmaßnahmen in gefährdeten Gebieten ein und zeigte Verständnis für die Frustration von Bürgern und Politikern, dass dies nicht schon ausreichend geschehen sei. Die Regierung hat Hilfen für die Betroffenen aus einem Fonds zugesagt, der von Bund und Ländern gefüllt werden soll. Die Summe ist noch offen. Die Schäden werden auf mehrere Milliarden Euro geschätzt.
Sportler wollen Flutopfer unterstützen
11:28 Uhr: Auch Formel-1-Ikone Michael Schumacher will den Opfern der Flutkatastrophe in Deutschland großzügig helfen. Der Rekord-Weltmeister wird einen seiner früheren Rennsportanzüge von Mercedes versteigern lassen, um die Menschen finanziell zu unterstützen. "Ich hoffe, dass viele mitbieten und eine schöne Summe zusammenkommt, mit der den Betroffenen sinnvoll geholfen werden kann", sagte Schumacher der "Bild"Zeitung (Dienstag). "Ich lege dann auch noch einmal ein deutliches Pfund obendrauf." Bei einem Erlös von 100 000 Euro würde er "den Betrag sogar verzehnfachen".
11:21 Uhr: Auch Fußball-Bundesligist 1. FC Nürnberg will die Opfer der Hochwasser-Katastrophe mit einem Benefizspiel unterstützen. "Es macht uns sehr betroffen, wie viele Menschen durch diese Hochwasserkatastrophe unverschuldet in Not geraten sind", erklärte Club-Sportvorstand Martin Bader am Dienstag auf der Internetseite des fränkischen Traditionsvereins. "Wir möchten die Geschädigten durch das Benefizspiel nicht nur finanziell unterstützen, sondern ihnen auch Mut machen, um diese schwierige Situation zu meistern." Ein genauer Termin für die geplante Hilfspartie steht noch nicht fest.
Spitze des Hochwassers hat Sachsen-Anhalt verlassen
11:15 Uhr: Die Spitze des Hochwassers an der Elbe hat Sachsen-Anhalt verlassen. Sie ist seit Dienstagmorgen in Höhe von Wittenberge im Land Brandenburg, teilte der Landesbetrieb für Hochwasserschutz am Dienstag in Magdeburg mit. In Magdeburg sank der Pegelstand an der Strombrücke um 9.00 Uhr auf 6,85 Meter. In der Spitze waren hier 7,46 Meter gemessen worden, bei der Jahrhundertflut 2002 waren es 6,72 Meter. Normal sind dort knapp zwei Meter. Die knapp 3000 Einwohner des Magdeburger Stadtteils Rothensee konnten am Dienstag wieder zurück in ihre Wohnungen, wie die Stadt mitteilte. Östlich der Elbe gelegene Stadtteile Magdeburgs bleiben dagegen weiter geräumt.
Hochwasser hält Deutschland in Atem
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11:07 Uhr: Angesichts der Hochwasserkatastrophe in Teilen Deutschland fordert die Stiftung Living Rivers mehr Raum für die Flüsse. "Die natürlichen Auenflächen wurden infolge des expansiven Acker-, Gewerbe-, Verkehrs- und Siedlungsbaus immer mehr eingeengt. Weniger als 20 Prozent ihrer natürlichen Überschwemmungsgebiete stehen heute noch den Flüssen zur Verfügung", sagte am Dienstag Biologe Thomas Paulus von der in Wiesbaden ansässigen Stiftung, die sich für den Gewässerschutz stark macht. Es genüge nicht, technische Maßnahmen für den Hochwasserschutz zu ergreifen, wie etwa den Bau von Deichen oder Hochwasserkanälen, in denen das Wasser so schnell wie möglich aus dem Gebiet herausgeleitet werde. Dadurch werde das Problem lediglich flussabwärts verlagert, dort könnten die Hochwasserfolgen sogar verschärft werden.
Dramatische Lage in Teilen Sachsen-Anhalts
10:41 Uhr: Hier noch einmal die aktuelle Lage im Überblick: Die Hochwasserwelle rollt weiter nach Norden: An der Elbe in Lauenburg in Schleswig-Holstein stieg das Wasser, in Mecklenburg-Vorpommern erreichte der Fluss anscheinend seinen Höchstwert. In Niedersachsen blieben die Pegelstände in der Nacht zu Dienstag fast unverändert hoch. In Teilen Sachsen-Anhalts war die Lage dramatisch, Hauptproblem blieb dort der Deichbruch bei Fischbeck. Auch im Norden Brandenburgs gab es noch keine Entwarnung.
10:33 Uhr: Die deutsche Industrie hält trotz der riesigen Flutschäden in Teilen des Landes an ihrer Wachstumsprognose für dieses Jahr fest. "Der BDI steht nach wie vor bei 0,8 Prozent", sagte BDI-Präsident Ulrich Grillo am Dienstag beim "Tag der Industrie" in Berlin. Diese Rate zu erreichen, sei natürlich schwer. "Aber wir sehen noch Chancen, dass es klappt". "Der Einfluss des Hochwasser ist selbstverständlich schwierig einzuschätzen", sagte Grillo weiter. Aus Erfahrungen könnte man aber folgern, dass die zunächst zu erwartenden konjunkturhemmenden Wirkungen nach und nach abebben und durch Impulse von der nötigen Wiederaufbau-Arbeit ausgeglichen würden.
Auswirkungen auf die Kartoffelernte
9:52 Uhr: Das aktuelle Hochwasser könnte Auswirkungen auf die Kartoffelernte in Deutschland haben. Die Folge seien womöglich ein knapperes Angebot und steigende Preise, warnte der Bundesverband der obst-, gemüse- und kartoffelverarbeitenden Industrie (BOGK) in der "Bild"-Zeitung vom Dienstag. "Es wird Ausfälle geben. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass es regional zu Versorgungsengpässen mit Pommes, Knödeln und Chips kommt", sagte BOGK-Geschäftsführer Horst-Peter Karos der Zeitung.
9:37 Uhr: Angesichts der Hochwasserkatastrophe in Süd- und Ostdeutschland hat Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) sich für drastische Maßnahmen ausgesprochen, um für die Zukunft besser gerüstet zu sein. In der "Passauer Neuen Presse" vom Dienstag forderte Altmaier Bauverbote in überflutungsgefährdeten Gebieten, die gezielte Ausweisung von Vorflutflächen sowie auch Rückverlegungen von Deichen, um den Flüssen mehr Raum zu geben. Auch Enteignungen dürften nicht mehr ausgeschlossen werden. "Sie müssen aber immer die Ultima Ratio bleiben", schränkte der Minister ein. Fehler und Versäumnisse der Vergangenheit müssten "schonungslos" aufgearbeitet werden.
9:13 Uhr: Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) will die Opfer des Hochwassers mit Pauschalzahlungen aus einem Fluthilfefonds unterstützen. Der Bund solle von Bund und Ländern gleichermaßen gefüllt werden, sagte Rösler am Dienstag im Inforadio des RBB. Nach dem Hochwasser 2002 habe es einen ähnlichen Fonds gegeben. "Das hat sich bewährt." Wie viel Geld über den Fonds zur Verfügung gestellt werden soll, ließ Rösler offen. Die Schäden ließen sich erst beurteilen, wenn das Wasser abgelaufen sei.Nicht nur Menschen und Kommunen, sondern auch den besonders schwer betroffenen Klein- und Kleinstunternehmen müsse geholfen werden, betonte Rösler. Im Fernsehsender n-tv kündigte er am Dienstag an, dass bis zu 50 Prozent des Schadens erstattet werde. Je nach Region und Bundesland gehe es dann um 10 000 oder mehr Euro.
Bundeswehr wirft Sandsäcke aus der Luft ab
9:01 Uhr: Nach dem Deichbruch an der Elbe bei Fischbeck in Sachsen-Anhalt ergießen sich die Wassermassen weiter ins Hinterland. Die Bundeswehr wollte am Dienstagmorgen nach Angaben des Krisenstabs der Landesregierung erneut versuchen, die Bruchstelle zu schließen. Die Arbeiten daran waren gegen Mitternacht abgebrochen worden. Nun sollten aus Hubschraubern wieder große Sandpakete abgeworfen werden. Damit soll zumindest eine Reduzierung der einfließenden Wassermenge erreicht werden. Das Wasser hat die Bundesstraße 107 zwischen Jerichow und Fischbeck überflutet. Inzwischen nähert es sich dem Stadtgebiet von Jerichow.
Viele Verspätungen durch Hochwasser im Bahnverkehr
8:25 Uhr: Die Sperrung einer Elbbrücke wegen Hochwassers in Sachsen-Anhalt sorgt weiter für Verspätungen im Fernbahnverkehr der Bahn. Betroffen sind nach Angaben der Deutschen Bahn die ICE-Verbindungen Berlin-Köln und Berlin-Frankfurt am Main. Wegen der Umleitungen könne es zu Verspätungen von bis zu drei Stunden kommen. Wie lange die Sperrung der Brücke dauern werde, sei noch nicht abzusehen, sagte ein Bahnsprecher am Dienstag.
8:08 Uhr: Das Elbehochwassers hat in Mecklenburg-Vorpommern seinen Höchststand offenbar erreicht. Am Pegel in Dömitz standen die Fluten am Dienstagmorgen (7 Uhr) 7,20 Meter hoch, in Boizenburg 7,26 Meter, wie aus dem Hochwasser-Informationsportal pegelonline hervorgeht. Das sind rund 5 Meter mehr als normal. Das Wasser steht 40 Zentimeter höher als das sogenannte Bemessungshochwasser, für das die Dämme ausgelegt sind. Die Sorge vor Deichbrüchen war groß. Bislang hielten die Dämme, sagte eine Sprecherin des Landkreises Ludwigslust-Parchim. Die Deichwachen wurden verdoppelt.
Helfer in Lauenburg müssen sich zurückziehen
8:01 Uhr: Besonders kritisch seien die Auswirkungen in der Lauenburger Altstadt: Rettungskräfte haben in der Nacht mit Spezialpumpen versucht, die Wassermassen zurück in die Elbe zu pumpen. Die 600 Helfer, die dort in der Nacht im Einsatz waren, mussten sich jedoch dem Wasserdruck beugen und sich vorerst zurückziehen. Rund 400 Bewohner der Altstadt hatten das bedrohte Gebiet bereits bis in der Nacht zum Montag verlassen müssen. Im Laufe des Tages sollen in Lauenburg wieder etwa tausend Einsatzkräfte gegen die Flut kämpfen.
7:52 Uhr: Die Hochwasser-Lage an der Elbe in Lauenburg in Schleswig-Holstein hat sich leicht verschärft. Der Pegelstand des Flusses sei von Montagabend bis Dienstagmorgen um elf Zentimeter gestiegen, sagte ein Sprecher des Krisenstabs. Das Wasser strömte danach am Morgen auf einer Höhe von 9,56 Meter durch - das langjährige Mittel liegt bei etwa 5 Metern. Nach Angaben des Krisenstabs dürfte der Pegelstand weiter um bis zu drei Zentimeter pro Stunde nach oben klettern.
7:35 Uhr: Das Elbe-Hochwasser in Niedersachsen ist zunächst nicht weiter gestiegen. In der Nacht zum Dienstag haben sich die Pegelstände weitgehend unverändert eingependelt, erklärten die Krisenstäbe der betroffenen Landkreise Lüchow-Dannenberg und Lüneburg. Deichbrüche oder größere Schäden an Schutzwällen gab es bislang nicht. In Hitzacker (Kreis Lüchow-Dannenberg) wurde am Dienstagmorgen ein Wasserstand von 8,17 Meter (6.59 Uhr) gemessen. Normalerweise liegt der Elbe-Pegel dort bei 2,67 Meter. In Schnackenburg (Kreis Lüchow-Dannenberg) fällt der Pegelstand bereits leicht. Hochwasser-Experten gehen davon aus, dass die Wasserstände einige Tage auf dem hohen Niveau bleiben werden.
Sandsäcke statt Facebook-Party
7:17 Uhr: Bundespräsident Joachim Gauck hat die Deutschen erneut zu Spenden für die Hochwasser-Opfer aufgerufen. "Ich bitte ganz herzlich alle Menschen, die fernab von dieser Flutkatastrophe leben, sich zu überlegen: Was wäre, wenn es mich betroffen hätte?", sagte er am Montag in einem Interview, das im ARD-"Brennpunkt" ausgestrahlt wurde. Er hoffe darauf, "dass Sie sich dadurch, aber auch durch Ihre guten Erfahrungen von früher, bewegen lassen, das Portemonnaie aufzumachen und zu spenden. Das brauchen die Leute".
6:45 Uhr: Sandsäcke schleppen statt Facebook-Party: Dass soziale Netzwerke Tausende mobilisieren können, beweist die Flutkatastrophe an Elbe und Donau. Sie mobilisieren nicht nur jüngere Leute, die klassische Medien eher weniger erreichen. "Sie lassen das Helfen zusätzlich auch noch cool werden", sagte Martin Voss, der Leiter der Katastrophenforschungsstelle an der Freien Universität Berlin, im Interview der Nachrichtenagentur dpa. Der Einsatz am Deich werde zu einer Art Event, bei dem man, wie seine Freunde, dabeisein wolle.
Hochwasser-Welle rollt nach Norden
Die Hochwasser-Katastrophe in Teilen Ost- und Norddeutschlands ist noch lange nicht ausgestanden. In der Nacht zum Dienstag blieb die Lage jedoch weitgehend konstant. In Brandenburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein hoffen Helfer, der Elbeflut mit Deichen und Sandsäcken standhalten zu können. In Sachsen-Anhalt suchen sich gigantische Wassermengen bei Fischbeck im Landkreis Stendal neue Wege, nachdem am Montag ein Deich gebrochen war. Die Bundeswehr warf Sandsäcke aus Hubschraubern ab, um die Fluten einzudämmen.
Rund 9000 Soldaten sind in Sachsen-Anhalt weiter im Einsatz, wie ein Bundeswehrsprecher sagte. Der Krisenstab der Landesregierung erklärte, man werde den Einsatz in Stendal nun selbst koordinieren, weil sich die Lage so zugespitzt habe. Eine enge Koordination mit dem Nachbarland Brandenburg und ein größerer Bundeswehreinsatz seien notwendig.
Auch in Brandenburg war die Lage deshalb weiter angespannt. In der Prignitz wird am Dienstag der Scheitelpunkt der Elbe-Flutwelle erwartet. Der Höhepunkt der Flut soll Wittenberge am Dienstagmittag erreichen. Nach Berechnungen der Behörden könnte ein historischer Höchstwert von 8,20 Meter erreicht werden. Der Mittelwert des Wasserstandes liegt dort bei 2,77 Metern.
Am Montagabend wurde zudem im Landkreis Havelland ein rund 3,5 Kilometer langer Notdeich fertiggestellt, der seit den Morgenstunden errichtet worden war. Er soll als Schutz gegen das Wasser dienen, das seit dem Bruch des Deichs bei Fischbeck ins Hinterland strömt.
In Lauenburg in Schleswig-Holstein rüsten sich die Menschen für den Höchststand der Elbe-Flut. Der Scheitelpunkt soll hier erst am Donnerstag erreicht werden. Die kritische Marke von 9,30 Metern wurde bereits überschritten, am Dienstagmorgen lag der Pegelstand bei 9,56 Metern. Das ist knapp fünf Meter über dem normalen Stand. Teile der Altstadt sind ohne Strom, rund 400 Bewohner der hatten das bedrohte Gebiet bereits bis in die Nacht zum Montag verlassen müssen.
In Mecklenburg-Vorpommern wurde die Flutregion zwischen Dömitz und Boizenburg zur Sperrzone erklärt. Ortsfremde, die keine Einsatzkräfte sind, dürfen nicht mehr hinein. Einheimische sollen sich auf eventuelle Evakuierungen vorbereiten. Der Wasserstand der Elbe am Pegel Dömitz blieb aber auch in der Nacht zum Dienstag bei 7,20 Meter konstant.
Länderübergreifende Maßnahmen zum Hochwasserschutz
Der Hochwasserscheitel der Elbe erreichte am Montag auch Niedersachsen. Doch anders als flussaufwärts wurden hier noch keine größeren Schäden gemeldet. Der Wasserstand in den betroffenen Kreisen Lüchow-Dannenberg und Lüneburg werde sich nun aber über mehrere Tage auf einem hohen Niveau halten, teilte der Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz mit.
Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) forderte länderübergreifende Maßnahmen zum Hochwasserschutz wie Bauverbote am Wasser oder gezielte Vorflutflächen. Auch Enteignungen dürfe man nicht ausschließen, sagte er der "Passauer Neuen Presse" (Dienstag). "Sie müssen aber immer die Ultima Ratio bleiben", betonte Altmaier.
Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, macht sich für die Einführung eines "Hochwasserschutz-Beschleunigungsgesetzes" stark. "In einem solchen Gesetz sollte klar werden, dass, auch wenn der Naturschutz betroffen ist oder es Bürgerproteste gibt, im Zweifel der Hochwasserschutz Vorrang hat", sagte er der "Rheinischen Post" (Dienstag).
Landsberg fügte hinzu: "Wir müssen uns davon verabschieden, dass ein Jahrhunderthochwasser nur alle 100 Jahre einmal auftritt." Bis die Schäden des jetzigen Hochwassers beseitigt seien, dauere es mindestens zwei bis drei Jahre. Die Schäden würden sich voraussichtlich auf mindestens zehn Milliarden Euro belaufen. (dpa/afp/rtr)
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