Recklinghausen.Hungrige Vogeljunge wissen, wie man auf sich aufmerksam macht. Aus vollem Halse wird getschilpt, um ein paar Würmchen von den Eltern abzustauben. Besonders zur Brut- und Nistzeit landen Jungtiere, die scheinbar hilflos auf dem Boden sitzend um Hilfe schreien, in einer Auffangstation.

Bernd Jellinghaus, Vogelexperte des Naturschutzbundes NRW, warnt vor überstürzter Hilfeleistung des Menschen: „In den seltensten Fällen wird wirklich ein hilfsbedürftiger Vogel abgegeben.“ Stattdessen würden hilflos wirkende Vögel ihren Eltern entnommen, „die sie aber besser aufziehen können als jede Pflegestation.“ Tierarzt Marcus Kong rät Findern: „Genauer hinsehen.“ Denn Vögeln ist ihre Hilfsbedürftigkeit anzusehen. Unterschieden wird bei den Jungen zwischen zwei Stadien: Nestlings- und Ästlingsphasen.

Nestlinge

Eigenschaften: Vogeljunge, die nach dem Schlüpfen im Nest liegen, und komplett auf elterliche Hilfe angewiesen sind, heißen Nestlinge. „Sie sind noch flugunfähig und deshalb an ihrem nackten oder nur wenig gefiederten Äußeren zu erkennen“, erklärt Miriam Nöldner von der Kleintierklinik Menzel in Recklinghausen. Ihre Augen seien zum Teil noch geschlossen und stehen könnten sie auch nicht.

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Hilfe: Wer eines dieser nackten Vogeljungen außerhalb des Nests findet, sollte es, wenn möglich, zurück in die Brutstätte setzen. Ist das Nest außer Sicht- oder Reichweite, oder das Tier verletzt, sollte der Finder es zunächst mitnehmen und eine Auffangstation zurate ziehen.

Ästlinge

Eigenschaften: „Ästlinge sind vormalige Nestlinge, die wie kleine, leicht zerzauste Versionen ausgewachsener Vögel aussehen“, erklärt die Tierarzthelferin. Ästlinge besäßen ein fast vollständiges Federkleid, hätten nur hier und da noch strubbeligen Federn. Die Jungvögel können stehen, hüpfen und meist über kürzere Strecken auch fliegen. „Oft stehen sie auf Ästen oder auch auf dem Boden und rufen lautstark nach Futter. Diese Geräusche verwechseln Passanten dann mit Hilferufen.“.

Hilfe: „An sich sollten diese Jungvögel in Ruhe gelassen werden“, rät Nabu-Ornithologe Bernd Jellinghaus. Wer sich unsicher ist, könne den Vogel zwar beobachten, „aber die Eltern wagen sich nicht unbedingt an ihre Jungen ran, wenn ein Mensch in der Nähe ist.“ Sollten die Vögel aber zu nah an einer Straße oder einer gefährlichen Stelle stehen, könnte man sie vorsorglich auf einen Ast oder in eine Hecke setzen.

"Die Vögel" in Essen

Taubenfütterung um 12 Uhr.  Foto: Arnold Rennemeyer
Taubenfütterung um 12 Uhr. Foto: Arnold Rennemeyer © WAZ
Tausende gierige Schnäbel.   Foto: Arnold Rennemeyer
Tausende gierige Schnäbel. Foto: Arnold Rennemeyer © WAZ
 Foto: Arnold Rennemeyer
Foto: Arnold Rennemeyer © WAZ
 Foto: Arnold Rennemeyer
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Im Taubenpenthouse.   Foto: Arnold Rennemeyer
Im Taubenpenthouse. Foto: Arnold Rennemeyer © WAZ
Mitarbeiter tauschen Eier gegen Gipsattrappen.     Foto: Arnold Rennemeyer
Mitarbeiter tauschen Eier gegen Gipsattrappen. Foto: Arnold Rennemeyer © WAZ
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Besonders Taubenbabys, kleine Drosseln oder Sperlinge landeten häufig unnötigerweise in Auffangstationen, sagt Miriam Nöldner. Die Tierarzthelferin setzt auf die Aufklärarbeit der Eltern. „Sie sollten ihren Kindern erklären, dass die meisten Jungvögel in Ruhe gelassen werden müssen.“ Sollte ein Kind doch einmal einen fitten Ästling mit nach Hause bringen, bestünde kurze Zeit nach dem Fund immer noch die Chance, ihn wieder zum Fundort zurück zu bringen. In diesen Fällen sollte das Jungtier aber so lange aus einiger Entfernung beobachtet werden, bis sicher gestellt ist, dass die Eltern es wieder finden.