Düsseldorf/München. . DSDS hin, „Voice of Germany“ her – was passiert mit den Teilnehmern von Castingshows? Eine Studie von Medieninstitut IZI und LfM fand heraus: Manche machen Karriere, viele stürzen ab. Die mediale Wucht unterschätzten sie fast alle.

Die Ära der Pop-Castingshowssie geht langsam zu Ende. Sie begann im Jahr 2000 mit der ProSieben-Show „Popstars“. Jetzt, 13 Jahre später, lohnt es sich, die Frage zu stellen, was aus den Hoffnungen der Kandidaten geworden. Eine Studie des Münchner Medien-Institutes IZI für die Landesmedienanstalt NRW stellt sie – und kommt zu verblüffenden Ergebnissen.

„Sprungbrett oder Krise? Das Erlebnis Castingshow-Teilnahme“ heißt die Studie. Ihre Ergebnisse beruhen auf Gesprächen mit 59 jungen Männern und Frauen, die an den Talentwettbewerben des Unterhaltungsfernsehens teilgenommen haben. Es geht um ihre Erlebnisse während der Shows – und um das, was danach passierte.

Projektionsfläche für Wünsche und Hoffnungen, Ängste und Wut

Die Shows brauchen Kandidaten als menschliches Material, gewissermaßen als Projektionsfläche für Träume und Sehnsüchte des überwiegend jungen Publikums von Castingshows, aber zugleich auch als Projektionsfläche für Wut und Aggression. Teilnehmer an derlei TV-Veranstaltungen sind, ganz gleich, ob sie sich dessen bewusst sind, bereit, sich inszenieren zu lassen. Doch wie kommen sie damit klar?

Nach den Befragungen kristallierten sich für die Autorinnen der Studie, Maya Götz, Christine Bulla und Caroline Mendel, sieben typische Erfahrungsmuster heraus:

1. Gewinner. Casting-Kandidaten wie Behnam Moghaddam („The Voice of Germany“) profitierte von seiner Teilnahme. Seine Band „Mokka Express“ wurde im Gefolge der Show mehr gebucht als zuvor. Wer als Gewinner aus Castingshows herausgeht, hat logischerweise nur gute Worte für die Jury. So erhielt „Voice of Germany“-Juror Rea Garvey folgende Rückmeldung: „Du warst absolut perfekt als Coach. Ich habe durch dich für mein Leben so viel gelernt.“

„Ich vertraute immer allen, und im Nachhin war das naiv“ 

2. Erkenntnisgewinner. Junge Menschen wie Jonathan Enns brachte der Medienrummel, den seine Teilnahme an „Deutschland sucht den Superstar“ (DSDS) begleitete, letztlich die Erkenntnis, „dass du nach der Zeit immer noch der Jonathan bist, der du vorher auch warst“.

3. Enttäuschte. Casting-Teilnehmer wie Annemarie Eilfeld (DSDS) zogen eine bittere Bilanz. Eilfeld, damals 18, wurde zunächst als Pop-Hoffnung verkauft, aber schließlich von Programmmachern wie Presse negativ dargestellt. Eilfeld im Rückblick: „Ich vertraute immer allen, und im Nachhinein war das naiv und hat mir und meiner Familie sehr viel Schmerz bereitet.“

4. Die sogenannten Freaks I. Einige Kandidaten machten bei der vom jeweiligen Sender erwünschten Inszenierung als Freak bereitwillig mit. Allerdings unterschätzten sie die öffentliche Wirkung ihrer Auftritte.

The Voice of GermanyMancher Teilnehmer leidet noch heute unter den Folgen der Inszenierung

5. Die sogenannten Freaks II. Manche Teilnehmer registrierten die abwertende Inszenierung ihrer Person nicht und genossen den Wirbel.

6. Die sogenannten Freaks III. Einige Teilnehmer waren sich durchaus der Besonderheit ihrer Person bewusst. Sie ahnten allerdings nicht, dass sie als besonders unfähig zur Schau gestellt wurden. Teilweise leidet diese Personengruppe noch heute unter der Häme in ihrem sozialen Umfeld.

DSDS„Ich fand es fies, wie du mich behandelt hast“

7. Die Verlierer. Selbst Kandidaten, die nicht unbedingt als Pop-Monster dargestellt wurden, konnten mit dem Druck der TV-Produktion nicht umgehen und gerieten in Lebenskrisen. Eine ehemalige DSDS-Kandidatin: „Ich war damals erst 16 Jahre alt und konnte damit nicht umgehen, bekam später Depressionen und bekomme bis heute mein Leben nicht in den Griff.“

Wer sich durch die TV-Präsenz blamiert fühlt, spart nicht mit bitteren Worten. So gab es harte Kritik an „Popstars“-Juror Detlef D! Soost: „Ich fand es fies, wie du mich behandelt hast. Ich fand es link, was für Lügen du vor der Kamera an mich gerichtet hast und dass du mich zum Weinen gebracht hast.“

Die Studie wird am Dienstag, 30. April, bei einer LfM-Tagung in Essen vorgestellt. Weitere Infos: www.lfm-nrw.de

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