Boston. . Möglicherweise hat ein Rechtschreibfehler verhindert, dass einer der mutmaßlichen Attentäter von Boston überprüft wurde. Der ältere der verdächtigen Brüder ist offenbar wegen eines falsch buchstabierten Namens unbemerkt nach Russland gereist. Unklar ist, ob er ihn selbst falsch buchstabiert hat - oder ob es die russische Fluggesellschaft Aeroflot war, mit der Dschochar Zarnajew einst flog.

Ein simpler Rechtschreibfehler hat möglicherweise eine rechtzeitige Überprüfung der späteren Attentäter des Boston-Marathons verhindert. Der ältere der beiden mutmaßlichen Täter habe wegen eines falsch buchstabierten Namens unbemerkt nach Russland reisen können, sagte der republikanische US-Senator Lindsey Graham am Montag (Ortszeit). Der Überlebende der beiden Brüder, Dschochar Zarnajew, wurde unterdessen durch Videoaufnahmen vom Tatort schwer belastet.

Graham führte aus, die US-Bundespolizei FBI habe ihn darüber informiert, dass Dschochars älterer Bruder Tamerlan Zarnajew den russischen Behörden und ihren US-Kollegen wohl auch durch einen Rechtschreibfehler nicht aufgefallen sei. "Wir wissen nicht, ob er ihn selbst falsch buchstabiert hat", sagte der Senator - oder ob es die russische Fluggesellschaft Aeroflot war, mit der Zarnajew einst flog.

"Mindestens vier Mal ins Visier der Sicherheitskräfte geraten"

Die Ermittlungen konzentrieren sich nun auf eine knapp sechsmonatige Reise, die Tamerlan Zarnajew im Jahr 2012 in die russische Kaukasusrepublik Dagestan führte. Dort sei er "mindestens vier Mal ins Visier der Sicherheitskräfte geraten", erfuhr die Nachrichtenagentur AFP von örtlichen Behördenvertretern. Grund waren Treffen mit einem jungen Mann, der Verbindungen zur islamistischen Untergrundbewegung unterhielt.

Ein US-Regierungsvertreter sagte dem Sender CNN, vorläufige Vernehmungen des schwer verletzten Dschochar Zarnajew am Krankenbett deuteten darauf hin, dass beide Brüder dem Profil "selbst-radikalisierter Dschihadisten" entsprächen. Demnach habe der 19-Jährige angegeben, dass sein älterer Bruder Tamerlan "den Islam vor Angriffen schützen wollte".

Während Tamerlan bei der Flucht vor der Polizei in der Nacht zum Freitag getötet wurde, sagte sein später festgenommener Bruder laut CNN aus, internationale Terrorgruppen seien nicht an dem Bombenanschlag mit drei Toten und etwa 180 Verletzten am Montag vergangener Woche beteiligt gewesen.

Ein FBI-Agent erklärte am Montag unter Eid, dass Videoaufnahmen vom Tatort die zahlreichen Indizien gegen das Bruderpaar weiter erhärten. Darauf seien die beiden elf Minuten vor der ersten Explosion zu sehen, wie sie die Boylston Street entlang der Marathon-Strecke in Boston ablaufen. Die Bilder zeigten zudem, wie Dschochar Zarnajew die zweite Bombe platziere und nach der ersten Detonation seelenruhig den Schauplatz des Anschlags verlasse.

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Gegen den 19-Jährigen Dschochar Zarnajew war am Montag Anklage unter anderem wegen Gebrauchs von Massenvernichtungswaffen erhoben worden. Ihm drohen die Todesstrafe oder eine langjährige, möglicherweise gar lebenslange Haftstrafe. Dschochar Zarnajew wird derzeit wegen Verletzungen behandelt, die er während einer Schießerei mit der Polizei erlitt. Aufgrund einer Schusswunde am Rachen, die er sich Ermittlern zufolge wohl bei einem Selbstmordversuch zufügte, kann er kaum sprechen.

Bei der Suche nach den genauen Hintergründen der Tat nehmen die Ermittler jetzt neben Telefonverbindungen und Banküberweisungen auch die Computer der Beschuldigten unter die Lupe. (afp)