San Francisco. Es war wie im Irak, wie eine Atombombe, wie ein Horrorfilm: Selbst hartgesottenen Helfern fehlen die Worte, um die Explosion einer Düngemittelfabrik in Texas zu beschreiben. Mehrere Menschen starben, Hunderte wurden verletzt, Teile der Kleinstadt West sind zerstört.
Ein riesiger Feuerball steigt in den Abendhimmel über der "West Fertilizer" Düngemittelfabrik. Eine Explosion hat die Fabrik und umliegende Gebäude zerstört. "Es war, als wäre eine Atombombe eingeschlagen", sagte der Bürgermeister der Kleinstadt West im US-Bundesstaat Texas, Tommy Muska, über das Unglück am Mittwochabend. Stundenlang lodern die von Chemikalien genährten Flammen über den Trümmern. "Es war das völlige Chaos, wie in einem Horrorfilm", sagte der Rettungssanitäter Jesse Ross dem Sender KTVT.
Die Einwohner stehen unter Schock. "Da war nur diese große, große Explosion. Die Fenster zersprangen, das Dach kam runter, die Zimmerdecke fiel auf mich", erzählte ein Mediziner dem Sender KCEN. Er blutete noch immer im Gesicht. "Als der Strom ausfiel, haben wir jegliche Kommunikationswege verloren. Die ganze Straße ist weg", sagte der geschockte Mann.
Zahl der Todesopfer weiter unklar
Wie viele Menschen ums Leben kamen, konnten die Behörden und Helfer auch am Morgen nach der Explosion noch nicht genau sagen. In einer Pressekonferenz am Donnerstagmorgen bestätigte die Polizei zwischen fünf und 15 Tote. Die Stadt bereitet sich auf das Schlimmste vor. "Wir haben hier eine Menge Leute, die verletzt sind, und es gibt andere, von denen ich sicher bin, dass sie morgen nicht mehr da sind", sagte Muska.
Stunden nach der Explosion wurden noch mehrere Feuerwehrleute und Helfer vermisst. "Ich habe von Feuerwehrleuten ... von ihren Familien ... gehört, dass sie es nicht geschafft haben. Ich hoffe nur, dass die Zahl der Opfer nicht so hoch ist, wie ich befürchte", sagte Augenzeugin Chrystal Ledane dem Sender NBC News.
Schulen und ein Altenheim in der Nähe der Fabrik
West ist eine typische Kleinstadt in Texas. Etwa 2800 Einwohner, viele von ihnen die Nachfahren tschechischer Einwanderer, jeder kennt jeden. Zwei Schulen und ein Altenheim liegen nur einen Steinwurf von der Düngemittelfabrik entfernt.
Dort brach um etwa 18.00 Uhr ein Feuer aus, sagte Polizeisprecher W. Patrick Swanton den Hunderten Journalisten, die noch in der Nacht nach West geeilt waren. Die Helfer erkannten die Gefahr und begannen mit der Evakuierung. "Etwa 15 Minuten später ereignete sich die Explosion."
Was die Ursache war, ist noch unklar. Es habe ein Feuer gegeben, und Wasser kam mit gefährlichen Ammoniumnitrat in Kontakt, vermutete Jason Shelton, Angestellter in einem Hotel in West. "Dann ging das Ganze hoch wie die Bombe in Oklahoma City", sagte er den "Dallas Morning News". Bei dem Anschlag 1995 verwendete der Attentäter Mineraldünger zum Bau seiner Bombe.
Explosion war so stark wie ein Erdbeben
Die Explosion war stark wie ein Erdbeben. Die Druckwelle der Explosion zerstörte zahlreiche Gebäude in einem Umkreis von mehreren hundert Metern, sagte Bürgermeister Muska.
Es sei wie im Irak gewesen, sagte DL Wilson, der Sprecher der texanischen Sicherheitsbehörde. "Da war ein Gebäude mit ungefähr 50 Wohneinheiten - es stand da wie ein Skelett." Besonders betroffen war auch das Altenheim neben der Fabrik. Mehr als 130 Menschen mussten in Sicherheit gebracht werden. Noch in 75 Kilometer Entfernung sei die Explosion zu hören gewesen, sagten Zeugen.
Unfall in einer Düngemittelfabrik
Zu allem Überfluss müssen die Bewohner von West sich nun auch noch Sorgen über Gift in der Luft machen. Es wird befürchtet, dass infolge des Feuers gefährliche Gase freigesetzt wurden. Einige machten ihrem Ärger Luft: "Dieser Teil der Stadt sieht aus wie ein Katastrophengebiet. Welcher klardenkende Mensch baut so eine verdammte Fabrik neben Wohnhäuser", schimpfte Bill Manolakis in den "Dallas News". (dpa)