Essen. . Lug und Betrug, Eifersucht und Neid: Der Fernsehfilm der Woche am Montag im ZDF bietet all das in spannender Form und blickt hinter die Fassade einer gut betuchten Werftfamilie im Norden. Wer zart besaitet ist, sollte die ersten Minuten des Films besser meiden.

Es soll Familien gegeben, in denen ausgerechnet am Sonntagabend gestritten wird. Wo sich Partner trennen, zumindest räumlich und zeitlich, so sie denn zwei Fernseher in zwei Zimmern haben. Weil sie sich nicht einigen können: Krimi im Ersten oder Liebe-Landschaft-Familiensaga im Zweiten? Sollte das bei Ihnen gestern wieder mal so gewesen sein – heute Abend können Sie Versöhnung feiern.

Denn der Fernsehfilm der Woche (ZDF, Montag, 8. April, 20.15 Uhr) rührt alle Bedürfnisse einmal kräftig durch. „Der Tote im Watt“ ist Erik, Sohn einer gut betuchten Werftfamilie, in der es Lug und Betrug gibt, Eifersucht bei den Eltern und Neid bei den Kindern. Außerdem spielen die Wirtschaftskrise mit, eine Prise Spielsucht, der Kampf um die Umwelt, alte Seil- und neue Feindschaften und, ach, diese Natur: lange Strände, grüne Wiesen, Leuchttürme, Nordseewind. Watt eben, wir sind bei Cuxhaven. Gut, die zwischenmenschliche Romantik kommt bei alldem etwas kurz, aber man kann nicht alles haben.

Die ersten Minuten besser meiden

Zuschauer von der zarter besaiteten Sorte (die vom ZDF-Sonntag) sollten ohnehin die ersten Minuten meiden: Man muss das nicht sehen, wie Erik (Max von Pufendorf), blond, gut aussehend, freundlich, beim Kontrollieren einer Boje in eine Fuchsfalle fasst. Wie er verzweifelt um Hilfe schreit, wie er noch verzweifelter versucht, sich den eigenen Arm abzutrennen, wie er im Zustand allerhöchster Verzweiflung – untergeht in der aufkommenden Flut. Obwohl das gut fotografiert ist, wie der ganze Film: viel Meeresblau, viel Nordseegrau, die natürlichen Farben eines norddeutschen Herbstes.

In den entsetzt die an ihr Cello und an Berlin verlorene Tochter zurückkehrt. Petra Schmidt-Schaller, demnächst an der Seite Wotan Wilke Möhrings in einem weiteren neuen Tatort zu sehen, ist hier zwar noch keine Kommissarin, wohl aber liebende Schwester, die den Mörder ihres Bruders sucht – und zunächst lauter unangenehme (Familien-) Wahrheiten findet. Janne heißt die 32-Jährige hier, auffallend hübsch selbst verschlafen im Bademantel, wie ohnehin fast alle in dieser Generation, zu der auch Max von Thun oder Valerie Koch zählen. Und hätten wir den Tatort nicht längst an seiner Küste erkannt, würden uns die Namen sagen, wo die Story spielt: Neben Janne und Erik machen auch Knut, Birger und Matte mit.

Vieles ist mehr Schein als Sein

Nach dem Roman „Blaufeuer“ von Alexandra Kui erzählen Waltraud Erhardt und Peter Obrist die Geschichte einer Familie mit Villa, schicken Schiffen und dicken Autos, bei der hinter dieser schmucken Fassade erwartbarerweise vieles mehr Schein ist als Sein. Woraus Zweifel wachsen: Galt der Mordanschlag wirklich Erik? Wo ist die Fuchsfalle aus der Scheune der verhassten Schwiegertochter? Wieso will Mutter Flecker ihren Mann nicht im Krankenhaus besuchen? Worum hat sich Erik mit seinem besten Freund gestritten?

Genug Fragen für einen ordentlichen Krimi. Und genug Familiendrama für alle, die Sonntag eben nicht ZDF gucken durften. (Hass ist schließlich auch ein spannendes Gefühl. Und eine Liebesgeschichte für Janne kann man sich denken. So oder so.)