Besinnlich still ist es in der Hostienbäckerei der evangelisch-lutherischen Diakonissenanstalt Dresden. Sorgfältig stechen Schwester Maria Selle und die junge Claudia Ripp Hostien aus, bis alle 70 aus einer Teigplatte herausgelöst sind. Ruhig, aber flink überprüft Schwester Erika Pohl die kleinen Oblaten auf Fehler, legt fransige und zu dünne beiseite...

Dresden (dapd). Besinnlich still ist es in der Hostienbäckerei der evangelisch-lutherischen Diakonissenanstalt Dresden. Sorgfältig stechen Schwester Maria Selle und die junge Claudia Ripp Hostien aus, bis alle 70 aus einer Teigplatte herausgelöst sind. Ruhig, aber flink überprüft Schwester Erika Pohl die kleinen Oblaten auf Fehler, legt fransige und zu dünne beiseite. Die Diakonissen der einzigen Hostienbäckerei Mitteldeutschlands haben diese Tage alle Hände voll zu tun. Die Kirchengemeinden bestellen für das Osterfest.

Hektik kommt in der hellen Bäckerei deshalb nicht auf. Leiterin Christine Ullmann geht gelassen an das klingelnde Telefon. "In Ordnung, 2.000 Stück", antwortet sie und legt den Hörer auf. Es ist schon die vierte Bestellung an diesem Morgen. "Zu Stoßzeiten wie Ostern backen die Diakonissen 10.000 bis 12.000 Hostien pro Tag", erzählt die 66-Järhige. Vor kirchlichen Feiertagen bestellten die Gemeinden mehr als sonst. Dann stanzen die Schwestern auch manchmal am Wochenende die Teigplättchen.

Eine Million Hostien backen die Diakonissen und ihre Helfer im Jahr. Wie viele es in den vergangenen Tagen aufgrund des Osterfests waren, kann Ullmann nicht sagen. Vor dem Fest nachgefragt hat jedenfalls die Dresdner Frauenkirche. "Der Kirchner hat erst Anfang März bestellt", erzählt eine Sprecherin. Damit reichten die Oblaten auch für das Heilige Abendmahl zur Feier Christi Auferstehung.

Keine Backautomaten, alles Handarbeit

Gepolstert in kleinen Pappkartons erreichen die Hostien ihre Empfänger. Dazu zählen evangelische Kirchengemeinden, Krankenhaus- und Gefängnisseelsorger und einige wenige katholische Gemeinden. Geliefert werde vor allem nach Ostdeutschland, aber auch in die restliche Bundesrepublik, nach Österreich oder in die Schweiz, sagt Ullmann. Wie viele Kunden es sind, weiß sie nicht genau. Markierungen auf einer Landkarte an der Wand zu urteilen, müssen es Hunderte sein. Dort hat die Schwester einige Empfänger mit Stecknadeln verortet.

Viele Kunden schätzten die Tradition der Bäckerei, ist sich Ullmann sicher. Seit 147 Jahren werden in der Dresdner Diakonissenanstalt Hostien hergestellt, die beim Abendmahlsgottesdienst an die Gläubigen verteilt werden. Der erste Rektor der Anstalt, in der heute 45 Frauen als Diakonissen in einer Glaubensgemeinschaft zusammenleben, habe 1866 die Idee einer eigenen Hostienbäckerei aus Neuendettelsau in Franken mitgebracht, weiß die Schwester. Seitdem würden in Dresden Hostien gebacken.

Heute sei ihre Hostienbäckerei die einzige in Mitteldeutschland, erzählt Ullmann, und in ganz Deutschland neben Neuendettelsau eine der wenigen, die ohne maschinelle Fertigung auskomme. Bemerkenswert sei auch das Kruzifix- oder Lammsymbol auf den kleinen Teigplatten - ein Merkmal echter Handarbeit. "Ich kenne keine Hostienbäckerei, die Oblaten maschinell mit Symbolen herstellt", erklärt die Schwester. Keine Backautomaten, keine Verpackungsmaschinen und Arbeit im Dienste Gottes - das sei schon etwas Besonderes.

Ungesäuertes Brot nach dem Alten Testament

Die einzigen Zutaten für die Hostien sind fein gemahlenes Weizenmehl und kaltes Wasser. "Ungesäuertes Brot, wie es im Alten Testament steht", erklärt Ullmann. Ein Kilogramm Mehl kommen auf 1,25 Liter Wasser. Eine Maschine verrührt beides zu einem glatten Teig, den die Mitarbeiterin Carola Schmied mit einer Schöpfkelle in den waffeleisenähnlichen Backautomaten füllt. Ein Zischen durchdringt die Stille, als die Masse bei rund 140 Grad Celsius zu dampfen beginnt.

Nach anderthalb Minuten öffnet Schmied das Eisen. Sie strahlt zufrieden. Der Backautomat hat Muster in die Teigplatte geprägt: 69 kleine Hostien mit Kruzifix- oder Lammsymbol, eine große mit dem Christusmonogramm, dem übereinanderliegenden X und P. Diese sogenannte Schauhostie mit dem Zeichen der Gegenwart Jesu Christi wird beim Gottesdienst vom Pfarrer geweiht und in vier Teile gebrochen. Einen Tag kommen die Teigplatten in eine Feuchtkammer, in der sie geschmeidig werden. Es folgen Stanzen, Trocknen, Prüfen und Verpacken.

"Der Ring ist nicht vollständig, das Symbol zu blass", sagt Schwester Pohl. Die 73-Jährige legt eine Hostie mit unterbrochenem Zierring und nur angedeutetem Kruzifix beiseite. Die Guten sortiert sie in einen Versandkarton: 100 bilden eine Reihe, bei 500 ist der Karton voll. Eine weitere Gemeinde kann das Heilige Abendmahl an Ostern feiern. Und wie begehen die Schwestern das Fest? Sie bleiben nach getaner Arbeit zusammen, wie Ullmann sagt. "Wir Diakonissen feiern gemeinsam im Mutterhaus."

dapd