Wischen statt blättern, tippen statt knistern: Die Zukunft der Zeitung ist zumindest teilweise der Tablet-Computer. Ab Montag bringt das “Handelsblatt“ seine “Live“-Ausgabe für das iPad von Apple auf den Markt. Die Macher wollen so Leser zurück zur Zeitung holen, die nun eben digital statt als bedrucktes Papier auf dem Küchentisch liegt.

Düsseldorf (dapd). Wischen statt blättern, tippen statt knistern: Die Zukunft der Zeitung ist zumindest teilweise der Tablet-Computer. Ab Montag bringt das "Handelsblatt" seine "Live"-Ausgabe für das iPad von Apple auf den Markt. Die Macher wollen so Leser zurück zur Zeitung holen, die nun eben digital statt als bedrucktes Papier auf dem Küchentisch liegt. Auch die Verleger sehen in Tablets inzwischen eine "neue Dimension des elektronischen Publizierens". Mehrere Medienhäuser ließen in einer dapd-Umfrage durchblicken, noch ein paar Projekte in der Pipeline zu haben.

"Handelsblatt Live" soll frühere Zeitungsleser wieder zurück zum traditionsreichen Wirtschaftsblatt locken. "Wir erweitern die Zielgruppe des 'Handelsblatts'", sagte Redaktionsleiterin Katrin Elger in Düsseldorf. "Wir sprechen die Leser der Printausgabe an und darüber hinaus alle, die morgens aktuell über die Ereignisse der Nacht - speziell in den USA und Asien - informiert sein möchten."

Die Zeitungsjournalisten müssen Extratexte schreiben

"Handelsblatt Live" erscheint ab Montag (4. März) dreimal werktags um 6.00 Uhr, 12.00 Uhr und 20.00 Uhr. Die App soll eine Zeitung ersetzen können und mit 40 Euro im Monat auch etwa soviel kosten. Die Zeitungsjournalisten schreiben auch für die App, die zunächst für den Tablet-Computer iPad von Apple verfügbar ist. In einigen Monaten soll auch eine Version für das Betriebssystem Android folgen. Redaktionsleiterin Elger sagte: "Die Printkollegen arbeiten gut mit. Da gibt es keinen, der sagt: 'Will ich nicht, mach ich nicht'." Zugleich schrieben "Live"-Redakteure auch für das gedruckte "Handelsblatt".

Dennoch ist an der Düsseldorfer Kasernenstraße gerade einiges im Umbruch: "Mit einer App ist man ja nie richtig fertig - wir entwickeln sie laufend weiter", sagte Elger. Der ganze Verlag blickt wohl gespannt darauf, ob genügend Abonnenten 40 Euro für das Monatsabo locker machen. Offiziell redet Elger den internen Druck klein: "Das Haus hat einen langen Atem."

Immerhin sollen ihr zufolge schon große Unternehmen angeklopft haben, die Abos vor allem für ihre Mitarbeiter im Ausland abschließen wollen. Gerade für Deutsche in anderen Ländern sind Tablet-Zeitungen äußerst attraktiv. Sie kommen - eine Verbindung zum Internet vorausgesetzt - überall in Echtzeit auf den flachen Rechner.

Auch der Verlag der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" mag deshalb Tablets - sie seien für die Verbreitung der Inhalte im Ausland ein "interessanter Vertriebsweg", sagte ein Sprecher des Unternehmens. Wie etwa auch den "Spiegel" gibt es die Sonntagszeitung FAS als App für das iPad. Auch Regionalzeitungen lassen sich längst auf diesem Weg lesen. Etwa die "Hannoversche Allgemeine Zeitung" aus dem Verlag Madsack: Für ihr Angebot HAZ24 gibt es bereits eine eigene iPad-Redaktion. Auch in den Büros von "Bild"-Zeitung und der "Welt" sitzen Journalisten, die sich ausschließlich darum kümmern, die Inhalte ihres Hauses möglichst optimal aufs Tablet zu bringen.

Verlage setzen für die Zukunft auch viele Vertriebswege

Es wäre übertrieben zu sagen, dass Verlage all ihre Kraft in derartige Angebote stecken. "Auch der Leser oder Nutzer ist ja oft nicht auf ein einziges Medium festgelegt, sondern benutzt, je nach Situation, unterschiedliche Medien", sagte eine Sprecherin von Madsack. Bei der Mediengruppe M. DuMont Schauberg wird über verschiedene Angebote nachgedacht. "Auch reine iPad-Angebote halten wir für möglich", sagte ein Sprecher. Auch für Zeitungen aus diesem Verlag gibt es eigene Apps.

"Mit den Tablets hat das elektronische Publizieren eine neue Dimension erreicht", urteilt der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger, Dietmar Wolff. Er mahnte aber zugleich, die Tablets nicht als Heilsbringer zu sehen.

Im Laufe der Jahre seien einige Lesegeräte vorgestellt worden. "Doch gegen das klassische Display - die gedruckte Zeitung - konnten sie sich bisher nicht durchsetzen", sagte Wolff. Tablets brächten nun aber erstmals die Möglichkeit, Inhalte von Zeitungen und Magazinen attraktiv auf einem elektronischen Gerät zu präsentieren: So könnten die Verlage langfristig rückläufige Werbeeinnahmen und Abonnentenzahlen auffangen."

Ein paar entscheidende Nachteile hat so ein Tablet natürlich auch: Man kann es (noch) nicht knicken und rollen wie Zeitungspapier - und ein zerbrechliches Geschenk darin einzuwickeln, das wird wohl niemals jemand wagen.

dapd