Johannesburg/Essen. .
Es sollte ihr erster gemeinsamer Valentinstag werden, und Reeva Steenkamp war geradezu aufgeregt. „Get excited“, meldete die 29-Jährige via Twitter, und: „Es soll ein Tag der Liebe für alle werden.“ Doch die schöne Südafrikanerin sollte ihn nicht mehr erleben. Am Wochenende verdichteten sich die Anzeichen, dass ihr neuer Freund, der Spitzensportler Oscar Pistorius, seine Freundin in den frühen Morgenstunden des 14. Februar keinesfalls aus Versehen getötet hat, wie es anfangs hieß: Die örtlichen Zeitungen übertreffen sich mit immer grausameren Details.
So berichtete die „City Press“ am Sonntag, im Haus des beinamputierten Sprinters im Nobelvorort von Pretoria sei ein blutverschmierter Cricketschläger gefunden worden. Unter Berufung auf Ermittlerkreise ergänzt das Blatt, der Schädel des Todesopfers sei eingeschlagen gewesen. Hat Steenkamp versucht, sich zu wehren? Hat Pistorius mit dem Sportgerät die Badezimmertür eingeschlagen? Denn auch das wird gemeldet: Von den vier Schüssen, die das Model laut Polizei in den Kopf, in die Hüfte und einen Arm trafen, soll nur einer im Schlafzimmer gefallen sein.
Schüsse im Badezimmer
Bei den drei anderen habe sich die Frau im Bad befunden, hieß es. Die Zeitung „Beeld“ will erfahren haben, die Frau habe auf der Toilette gesessen. Gefunden wurde sie später im Erdgeschoss; eine Nachbarin will beobachtet haben, wie Pistorius seine Partnerin im blutigen Nachthemd die Treppe hinunter trug. Um 3.20 Uhr, heißt es, habe der 26-Jährige seinen Vater angerufen und gebeten, schnell zu kommen. Die noch später alarmierten Rettungskräfte konnten Reeva Steenkamp nicht mehr helfen. Vor Gericht, das bereits Mordanklage erhoben hat, sprach Oscar Pistorius von einer schrecklichen Tragödie. Der Goldmedaillen-Gewinner der Paralympics 2012 gilt angeblich als selbstmordgefährdet und wird in der Haft rund um die Uhr bewacht. Er sei „vor Schock benommen“, erklärte ein Onkel des Verdächtigen am Wochenende, der im Namen der Familie Pistorius eine Stellungnahme abgab: „Wir trauern alle um Reeva.“ Sein Neffe sei privat „so glücklich wie seit langem nicht mehr“ gewesen, das Paar habe gemeinsame Pläne gehabt.
Reevas eigene Pläne hatten sich zuletzt auf eine Karriere im Fernsehen ausgerichtet. Einige kleinere Filmrollen standen an, als Model und Moderatorin stand die 29-Jährige erst vor wenigen Wochen in der Reality-Show „Tropika Island of Treasure“ vor der Kamera, der südafrikanischen Variante des „Dschungelcamps“. Den Staffelauftakt strahlte der Sender am Samstag trotzdem aus, keine 48 Stunden nach seinem Tod sollte so angeblich des Stars gedacht werden. Die Zuschauer sahen eine fröhliche junge Frau im Bikini, die lachend Handküsse in die Luft wirft.
Die Fernsehstation schickte aber auch noch ein weiteres Filmchen über den Äther, offenbar vorab gedreht für den Fall, dass Reeva Steenkamp aus der Show ausscheiden würde. Sie sitzt dort unter einer Palme auf Jamaika und sagt bewegende Worte, die nun eine ganz andere Bedeutung bekommen haben: „Die Art, wie man geht und seinen Abschied nimmt, ist so wichtig.“ Es geht nur um die Heimreise nach Südafrika, aber wie anders klingen diese Sätze: „Entweder hat man auf positive oder auf negative Weise einen Eindruck hinterlassen“, sagt Reeva da. „Ich werde euch alle so sehr vermissen.“
Am Dienstag will das Gericht in Pretoria über eine mögliche Freilassung ihres mutmaßlichen Mörders gegen Kaution entscheiden. Es ist der Tag, an dem Reeva Steenkamp im über 1000 Kilometer entfernten Küstenort Port Elizabeth beigesetzt werden soll.