München/Köln. . Edmund Stoiber ist für ProSiebenSat.1 ein Coup gelungen. Der Konzernbeauftragte hat Stefan Raab als einen der Moderatoren beim TV-Duell Merkel/Steinbrück ins Gespräch gebracht. Die Politiker haben zugestimmt.

Es lief zuletzt nicht gut, für Sat.1 nicht und auch nicht für ProSieben. Die beiden verschwisterten Sender fuhren im Januar Marktanteile ein, die in der Konzern-Zentrale alle möglichen Reaktionen hervorriefen, nur Jubel nicht. Da wirkte die Debatte um Stefan Raab wie ein Befreiungsschlag: Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wie Herausfordererer Peer Steinbrück (SPD) sind bereit, den 46-jährigen Moderator bei einem TV-Duell zu akzeptieren. Hinter dem Coup des Münchner Medienkonzerns steckt ein kluger Kopf: Bayerns ehemaliger Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU).

Der 71-jährige Strippenzieher hat sich aus der aktiven Politik längst zurückgezogen. Für die EU in Brüssel ist er lediglich ehrenamtlich unterwegs. Viel mehr Freude bereitet Stoiber seine Tätigkeit als Beiratsvorsitzender der börsennotierten ProSiebenSat.1 AG.

Steinbrück entfuhr zunächst ein Abwehr-Reflex

Genau in dieser Eigenschaft brachte Stoiber seinen Schützling Raab via „Spiegel“ fürs Duell Merkel gegen Steinbrück in Stellung. Raab, argumentierte Stoiber, erreiche ein junges Publikum, das sonst Politik meide. Das Interview entfaltete blitzschnell Sprengkraft.

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Denn Raab polarisiert. Der Kölner startete vor knapp 20 Jahren als junger Wilder. Auch wenn er mit Shows wie „Schlag den Raab“ inzwischen auch für die Post-Pickel-Generation akzeptabel geworden ist: Raab gilt als Entertainer.

Genau das entlockte Merkels Gegenpart Steinbrück prompt einen Abwehr-Reflex. Raab sei kein politischer Journalist, erklärte der 66-jährige Hamburger zunächst. Und: „Politik ist keine Unterhaltungssendung, sondern ein ernstes Geschäft, ohne dass es dabei humorlos zugehen muss.“

Vermutlich läuft es auf vier gegen zwei hinaus

ProSiebenSat.1 reagierte empört auf Steinbrücks Raab-Schelte. Inzwischen drehte der Politiker bei. Der „Bild“-Zeitung vertraute Steinbrück an, grundsätzlich halte er zwei TV-Duelle für angemessen, „am besten eins mit privaten und eins mit öffentlich-rechtlichen Sendern“. Die Moderatoren sollten von den Sendern vorgeschlagen werden.

Kanzlerin Merkel hingegen blieb cool. Erst jetzt ließ sie ihren Sprecher Steffen Seibert erklären: „Es gibt ein in vielen Wahljahren bewährtes Verfahren.“ Damit meinte sie, ein einziges TV-Duell genüge. Die Wahl der Moderatoren überlässt Merkel den Sendern.

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Ob es, wie so oft, auf vier gegen zwei hinausläuft, ist offen. Bisher stellten die großen vier Sender – ARD, ZDF, RTL und Sat.1 – jeweils einen Moderator, um Kanzlerin und Kandidat zu befragen. „Die Besetzung mit vier Moderatoren beim letzten Mal war sicher nicht optimal“, sagte ZDF-Chefredakteur Peter Frey am Nachmittag.

Während Stefan Raab für Sat.1-Nachrichtenchef Peter Limbourg kommt, setzen RTL mit Chefredakteur Peter Kloep­pel und das ZDF mit Polit-Talkerin Maybrit Illner auf bewährte Gesichter. Die ARD indes hält sich offen, wer für sie die Fragen stellt. Vor vier Jahren war es Frank Plasberg von „hart, aber fair“. Diesmal gilt seine Kollegin Anne Will als chancenreich. Als denkbarer Termin wurde die aktuelle Runde der 8. September ins Gespräch gebracht. Doch fest ist nichts.

Den TV-Duellen sind die Zuschauer davongelaufen

Das Duell der Spitzenkandidaten ist im deutschen Fernsehen eine vergleichsweise junge Einrichtung. Zum ersten echten Schlagabtausch zwischen Amtsinhaber und Herausforderer trafen sich der damalige Kanzler Gerhard Schröder (SPD) und Unionsspitzenkandidat Edmund Stoiber vor elf Jahren.

In der Zwischenzeit machte sich Ernüchterung breit. Die Reichweiten der Runden bröckeln. 2005 erreichte das Duell noch knapp 21 Millionen Zuschauer. Vier Jahre später waren es nur noch gut 14 Millionen. Der diskrete Charme des vorigen Duells erklärte sich auch damit, dass Merkels damaliger Herausforderer Frank-Walter Steinmeier (SPD) als Vizekanzler der großen Koalition mit Beißhemmung auftrat. Jetzt hoffen die Fernsehmacher auf mehr Biss.

Raab läuft sich warm. Sonntag, 22.50 Uhr, geht es bei ProSieben zum zweiten Mal um die „Absolute Mehrheit“. Raab wirkt dabei wie ein Frauenbeauftragter. Im Studio sitzen vier Politikerinnen. Keine ist älter als 36.