Köln. . Eine 20-jährige Frau aus Köln-Chorweiler ist wohl nicht eingeschritten, als ihr 23-jähriger Freund ihre zweijährige Tochter offenbar so schlug, dass das Mädchen an seinen schweren Kopfverletzungen starb. Die Mutter von Lea-Sophie rief nach der Attacke auch keinen Arzt. Der 23-Jährige, der nicht der Vater des Mädchens ist, sitzt in U-Haft.

Der Anlass, sagt Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer am Tag danach, er war nichtig. Eine sachliche Feststellung mit Blick auf das Ungeheuerliche: Welchen Anlass könnte es überhaupt geben, so durchzudrehen, dass man ein Kind totschlägt? Und doch passiert es immer wieder. Jetzt in Köln-Chorweiler, in einer in jeder Hinsicht grauen Mietskasernengegend. Der Staatsanwalt wird aber nicht nur klären müssen, was einen 23-jährigen Mann so sehr aus der Fassung bringt, dass er auf ein zweijähriges Mädchen eindrischt und es ein oder zwei Tage später an den Kopfverletzungen stirbt. Er wird vor allem herauszufinden haben, was die Menschen in der Siedlung und darüber hinaus vermutlich sogar noch stärker schockiert: Warum hat die Mutter nicht sofort den Notdienst gerufen, als ihr Freund zugeschlagen hatte? Warum hat sie ihr eigenes Kind sterben lassen? Eine Frage, die die Vorstellungskraft leicht zu sprengen vermag.

Unterlassene Hilfeleistung

Der Beschuldigte, er sitzt seit Samstag wegen Mordes in Untersuchungshaft. Gegen die 20 Jahre alte Mutter ist ein Haftbefehl wegen Totschlags durch Unterlassen ergangen. Das Paar ist den Angaben zufolge weitgehend geständig. Das Verbrechen an der kleinen Lea-Sophie geschah demnach bereits am Dienstag. Zum präzisen Motiv hat der Oberstaatsanwalt noch keine konkreteren Angaben gemacht.

Die Mutter habe sich mitschuldig gemacht, weil sie dem Mädchen nicht zu Hilfe kam und ihren Tod „billigend in Kauf genommen“ habe, wie es im Juristendeutsch heißt. Bremer: „Sie hat keine Anstalten gemacht, das Kind zu retten.“ Laut Staatsanwaltschaft handelt es sich bei dem 23-jährigen Mann nicht um den leiblichen Vater des Kindes. Den, schreibt „Bild“, habe das Mädchen nie kennengelernt, weil er die Mutter noch in der Schwangerschaft verlassen habe.

Wie mitleidlos, wie kaltblütig das Paar laut Bremers Bericht in der Folge agierte, dürfte für die Urteilsfindung nicht unwesentlich sein. Mindestens einer der beiden lud den kleinen Leichnam in einen orangefarbenen Einkaufstrolley, rollte ihn an den Fühlinger See und legte das tote Kind dort ab. Es blieb zunächst unentdeckt.

Mutter legte eine falsche Fährte

Am Freitag rief die Mutter die Polizei an und meldete das Kind als vermisst. Sie habe es zuletzt auf einem Spielplatz gesehen, log sie. Offenbar handelte es sich dabei um den Versuch, eine falsche Fährte zu legen. Polizei, Feuerwehr und Hilfsdienste suchten mit einer Hundertschaft nach dem Kleinkind, der Rettungshubschrauber kreiste über dem Gebiet. Am späten Freitagabend wurde die Leiche der Kleinen entdeckt.

Wie der Kölner „Express“ aus dem Gespräch mit einem Nachbarn berichtet, sei „die Polizei wegen Streitereien täglich“ vor Ort gewesen. Der mutmaßliche Täter soll psychische Probleme haben, will das Blatt wissen, von Drogen und Alkohol ist die Rede.

Am Samstag, so „Bild“, versammelten sich 200 Menschen auf dem Pariser Platz in Köln-Chorweiler. Sie legten Blumen und Teddybären ab, zünden Grablichter an, um von dem kleinen Kind Abschied zu nehmen.

Es regnete in Strömen.