Hamburg. Vier Wochen nach seinem Verschwinden aus einem Wanderzirkus ist das Pflegekind Jeremie wieder in der Obhut des Hamburger Jugendamtes. Der Junge sei am Mittwoch in einer Hamburger Klinik erschienen, hieß es. Sein Verschwinden ist nach wie vor rätselhaft.

Ende einer aufreibenden Suche: Das Pflegekind Jeremie ist einen Monat nach seinem mysteriösen Verschwinden aus einem Wanderzirkus wieder in der Obhut des Hamburger Jugendamtes. Der Elfjährige sei am Mittwoch in einer Hamburger Klinik erschienen, sagte eine Sprecherin des Bezirksamtes Hamburg-Mitte auf dapd-Anfrage und bestätigte damit einen Vorabbericht des "Hamburger Abendblattes". In der Klinik werde nun der Gesundheitszustand von Jeremie untersucht. Die Entscheidung, ob er zurück zum Zirkus müsse, werde danach getroffen.

Nach Angaben der Sprecherin ist "die ganze Sache noch so frisch", dass das Bezirksamt noch nichts Konkretes dazu sagen kann. Auch der Neukirchener Erziehungsverein, der für die Betreuung des Pflegekindes in dem Wanderzirkus zuständig war, hält sich bedeckt: "Wir hoffen jetzt erst einmal, dass Jeremie die ganze Aufregung um seine Person gut übersteht", sagte Sprecher Ulrich Schäfer.

Trägerverein hält Rückkehr in Zirkus möglich

Sollte das Jugendamt weiter an einer Zusammenarbeit interessiert sein, werde sich der Verein aber gerne darum kümmern, den Jungen in "professionelle Hände" zu vermitteln. Das könne auch die erneute Unterbringung in dem Wanderzirkus bedeuten. "Jeremie hat sich dort wohlgefühlt und sehr gute Fortschritte gemacht", betonte Schäfer.

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Das Jugendamt hatte den Jungen vor etwa zwei Jahren in dem Wanderzirkus untergebracht, nachdem andere Hamburger Träger sich seiner nicht annehmen wollten. Jeremie galt als auffällig und gewaltbereit. Am 20. November verschwand das Kind dann unter bislang ungeklärten Umständen mit einem Kleintransporter aus dem Zirkus, der damals in Mecklenburg-Vorpommern Station machte.

Nach dem Verschwinden wurde heftige Kritik an der Unterbringung Jeremies in dem Wanderzirkus laut. Von der Hamburger Opposition wurde etwa bemängelt, dass in dem Zirkus kein pädagogisches Personal gearbeitet habe. Auch seien die Kosten für die Unterbringung mit 7.400 Euro Monat zu hoch. Moniert wurde außerdem, dass das Kind wegen seiner Sinti-Herkunft in dem Wanderzirkus untergebracht wurde. Letzteres hatte das Bezirksamt auf Anfrage zugegeben.

Sozialsenator mischt sich in Fall ein

Vor anderthalb Wochen schaltete sich auch Hamburgs Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) in die Diskussion ein. Er forderte die Jugendämter auf, die Fälle erneut zu prüfen, in denen Kinder in Zirkus- oder Schaustellerfamilien untergebracht sind. Es müsse sichergestellt sein, dass überall "die gebotenen fachlichen Standards eingehalten werden". Der Trägerverein hatte indes die Kritik an seiner Arbeit stets zurückgewiesen.

Während die politische Diskussion im Fall Jeremie Fahrt aufnahm, suchte die Polizei weiter nach dem Jungen. Jeremies Großvater hatte bei den Behörden mehrfach angedeutet, dass das Kind von der Familie versteckt werde. Wo genau sich das Kind bis zu seinem Auftauchen aufhielt und wer den Jungen in die Klinik brachte, blieb aber auch am Mittwoch zunächst unklar. (dapd)