Montabaur. . Einem Jäger aus Bad Honnef wird vorgeworfen, im Westerwald einen wildlebenden Wolf erlegt zu haben. Ihm werden ein fahrlässiger Verstoß gegen das Tierschutzgesetz zur Last gelegt. Dem angeklagten Pensionär ist der Prozess sichtlich unangenehm.

Ein für Deutschland einzigartiges Verfahren erregte am Freitag im Amtsgericht von Montabaur Aufsehen: Dem Jäger Peter R. aus Bad Honnef wird vorgeworfen, im vergangenen April im Westerwald einen wildlebenden Wolf erlegt zu haben. Ihm werden ein fahrlässiger Verstoß gegen das Tierschutzgesetz und ein Verstoß gegen das Bundesnaturschutzgesetz zur Last gelegt.

Dem angeklagten Pensionär ist der Prozess sichtlich unangenehm. Vor Gericht wiederholt der 72-Jährige immer wieder, er habe in dem festen Glauben geschossen, einen wildernden Schäferhund im Visier zu haben. Und das trotz einbrechender Dunkelheit und ohne Nachtsichtgerät, so steht es in der Anklageschrift. Bei der ersten Sichtung in einer Entfernung von 60 bis 80 Metern, so der Angeklagte, habe der vermeintliche Hund zwei Rehe gehetzt. „Als das Tier zum zweiten Mal auftauchte, hatte es etwas in den Fangzähnen, das für mich wie ein anderes Tier, wie ein Frischling, aussah“, erinnert sich der Jäger an den Moment vor dem Schuss.

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Polizei aufgesucht

Auf die Frage, warum er das getötete Tier anschließend nicht in Augenschein genommen habe, wie es Pflicht ist, entgegnet R., er habe Angst gehabt, dass der „Hund“ womöglich nur verletzt und daher gefährlich sein könnte. Und am zweiten Tag habe er nicht nach dem Kadaver gesucht, weil er sich dann sicher gewesen sei, dass seine Kugel nicht mal getroffen habe. Überhaupt, so gibt er zu, sei er kein sicherer Schütze und treffe selten, wenn sich das Wild bewegt. Doch am dritten Tag nach dem Vorfall hat Peter R. dann die Polizei in Montabaur aufgesucht. „Ich habe im Radio gehört, dass ausgerechnet in diesem Revier ein Wolf erschossen wurde.“ Der damals ermittelnde Kriminalhauptkommissar ist als Zeuge geladen und bestätigt in weiten Teilen die Aussagen des Jägers.

Hat der Jäger seine Sorgfaltspflicht verletzt? Hat er fahrlässig gehandelt? Das sind die Fragen, die für Staatsanwalt Ralf Tries im Mittelpunkt stehen. Verteidiger Christian Comes geht es um etwas ganz anderes. Er zweifelt das Ergebnis der DNA-Analyse an, die an dem Kadaver vorgenommen worden war. Das Senckenberg-Institut, bundesweit spezialisiert auf den Nachweis von Wölfen, hatte zwar einwandfrei nachgewiesen, dass das getötete Tier ein wildlebender Wolf italienischer Abstammung war. Comes hat dennoch Zweifel: Alles nur Vermutungen, so der Verteidiger. Er verlangt, dass ein Gutachter aus der Schweiz nun ein zweites Gutachten vorlegen soll.

Naturschützer empört

Angesichts dieser Sachlage sieht sich Richter Jens Kaboth noch nicht in der Lage, ein Urteil zu fällen. Zur weiteren Aufnahme von Beweisen setzt er für Januar einen zweiten Prozesstag an. Bis dahin soll nicht nur das neue Gutachten vorliegen, es soll auch untersucht werden, wie gut informiert Peter R. über die Rückkehr des Wolfes war.

Die Naturschützer sind über den Aufschub empört. „Es war doch schon lange bekannt, dass nach mehr als hundert Jahren endlich ein Wolf in den Westerwald zurückgekehrt war“, sagt Markus Bathen vom Naturschutzbund Deutschland sichtlich erregt. Für ihn ist das zweite Gutachten nichts als „kalkulierte Zeitschinderei“.