London. Weil die Briten es bei den Partys übertreiben, sollen nun goldene Regeln gelten. Weniger Schampus, weniger Bussis – vor allem für den Chef. Goldene Regeln sollen Partylöwen rechtzeitig zur Vernunft bringen – vor allem aber den 54 Prozent aller Briten Mut machen, die aus Nervosität die Weihnachtsfeier schwänzen.

Es ist das gefährlichste Minenfeld im britischen Joballtag: die Büro-Weihnachtsparty. Jeden zweiten Briten macht die verordnete Geselligkeit im Advent so nervös, dass er sich davor drückt. Die andere Hälfte feiert so hemmungslos, dass Debrett’s, der Insel-Knigge, dieses Jahr erstmals seit Bestehen goldene Regeln fürs Fest mit dem Chef aufgestellt hat.

Es gibt sie wirklich, die Kollegen, die erst mal eine halbe Flasche Brandy auf Kosten der Firma leeren, prost, und dem Chef dann sagen, dass jeder Schimpanse seinen Job machen könnte. Die Chancen stehen 70/30, dass die Karriere des Kollegen diesen Schock-Auftritt überlebt – denn vermutlich ist auch der Chef so blau, dass er sich montags an nichts mehr erinnert.

Haarsträubende Szenen wie diese gehören bei Büro-Partys im Königreich einfach zum guten Ton: Ob ein Chef etwas taugt, wird vor allem daran gemessen, ob er eine ordentliche Weihnachtsfeier auf die Beine stellen kann. Inoffizielle Regel Nummer 2: Fällt das Catering großzügig aus, darf niemand die undankbare Spaßbremse sein.

Keine Abschiedsbussis am Ende des Abends

Diese Rolle hat zum Auftakt der närrischen Weihnachtszeit ohnehin schon Briten-Knigge „Debrett’s“ übernommen. Er warnt Büroangestellte vor allzu viel Champagnerseligkeit: Abschiedsbussis am Ende des Abends sollten „kurz und unschuldig“ gehalten werden. Wer trinkt, möge sich an die alte Weisheit halten, ein Glas Wasser mit einem Glas Alkohol abzuwechseln – und bei geringsten Ausfallerscheinungen sofort ein Taxi nach Hause zu nehmen. „Werden Sie nicht zu dem Notfall, über den am nächsten Tag die ganze Firma spricht“, rät Debrett’s.

Als schlimmste Sünde gilt den Stilhütern das Krankfeiern am Tag nach der Büroparty. Jeder zehnte Brite bleibt am nächsten Morgen im Bett – entweder aus Scham oder wegen Kopfschmerzen. Debrett’s Tipp: Unter allen Umständen den Weg zum Schreibtisch antreten und Contenance wahren – zumal ein Kater sich zwar schlimm anfühlt, für Außenstehende und den Chef aber kaum sichtbar ist, wenn man nicht drüber spricht. Mit einfachen Tätigkeiten wie Postablage und Aktensortieren könnten die schlimmsten Partyfolgen zumindest für ein paar Stunden kaschiert werden.

Slalomparcours der Fettnäpfchen

Überhaupt wäre es den Anstandstanten und -onkeln bei Debrett’s lieber, wenn die Briten eine andere Haltung zur Weihnachtsfeier im Job entwickeln würden. Das Zusammenkommen dient nicht der kostenlosen Druckbetankung, sondern ist eine Chance, mit den Vorgesetzten zu plaudern, die sonst selten Zeit haben. Natürlich kommt auch das wiederum einem Slalomparcours der Fettnäpfchen gleich. „Es ist tabu, Chefs den ganzen Abend zu monopolisieren“, heißt es in dem Knigge, „halte es demokratisch und sprich auch mit Kollegen, die in der Hierarchie unter dir stehen.“

Die goldenen Regeln sollen nicht nur Partylöwen rechtzeitig zur Vernunft bringen, sondern vor allen den 54 Prozent aller Briten Mut machen, die aus Nervosität die Weihnachtsfeier ganz schwänzen. 17 Prozent empfinden gar „Horror“, wenn sie an die Kollegenrunden im Advent denken. Das Problem ist mittlerweile so ernst geworden, dass Knigge-Experten erstmals Kurse fürs Überleben von Bürofeiern anbieten. „Ein paar Runden drehen, aufgeschlossen sein, die Themen allgemein halten, nicht lästern, keine Sünden beichten.“