Der Duft nach frischem Weihnachtsstollen zieht durch die Backstube der Bäckerei Claus in Coswig.
Dresden/Coswig (dapd-lsc). Der Duft nach frischem Weihnachtsstollen zieht durch die Backstube der Bäckerei Claus in Coswig (Landkreis Meißen). Noch warme Stollen in Backformen stapeln sich auf fahrbaren Regalen und warten auf ihr weißes Kleid aus Puderzucker. Nur die entkorkten Weinflaschen auf dem langen Arbeitstisch des Bäckermeisters scheinen nicht so richtig in das Zutatensortiment für den originalen Dresdner Christstollen zu passen.
Für das fast weltweit bekannte Weihnachtsgebäck mit Herkunftsgarantie ist der Wein vom Weingut Schuh aus dem benachbarten Sörnewitz auch gar nicht gedacht, sagt Lutz Claus. In dem Wein werden vielmehr Rosinen für eine ganz besondere Spezialität gebadet. Ginge es nicht um Wein, könnte man es fast eine Schnapsidee nennen, die Winzer Walter Schuh dem Bäckermeister unterbreitete - ein vorweihnachtliches Gebäck mit Wein zu kreieren, einen echten Winzerstollen. "Ich habe jede Woche zehn verrückte Ideen, von denen neun für immer in einer Schublade verschwinden", sagt der 57-Jährige schmunzelnd über sich selbst. Eine aber lasse sich meistens doch umsetzen, fügt er selbstbewusst hinzu. Und davon war auch der 53-jährige Bäcker überzeugt: "Ich war mir von Anfang an sicher, dass ein Winzerstollen mit Wein funktionieren wird", sagt der Fachmann.
Natürlich habe ein gutes Glas Wein bei der Suche nach dem richtigen Rezept nicht fehlen dürfen, erklären Schuh und Claus und stoßen auf ihren Erfolg an. Und vermutlich wurde bis zum ersten Winzerstollen auch mehr als nur ein Glas geleert. Manches Gebäck der ersten Versuche sei nicht perfekt genug gewesen, geben die beiden Meister ihres Fachs zu. Nach zahlreichen Versuchen aber sei schließlich der Durchbruch gelungen.
Als Grundrezept diene das des klassischen Dresdner Stollens, verrät der Bäcker. In den Teig kommen die in Wein getränkten Rosinen sowie zusätzlich Schokoladenstückchen und schließlich noch ein Schuss des Rebensaftes. Nach 45 Minuten im Backofen und anschließendem Auskühlen unterscheidet noch ein dunkler Schokoladenüberzug den Winzerstollen auch optisch von den bekannten Dresdner Christstollen. Da das Gebäck von Schuh als kleines Weihnachtspräsent konzipiert war, hat Claus extra spezielle Backformen für die nur 300 Gramm schweren Ministollen beschafft.
1.200 Stück zum Start
Der Winzer legt Wert darauf, dass nur der Schieler seines Guts verwendet wird. Hierbei handelt es sich um einen den Sachsen vorbehaltenen Rotling, für den Schuh nach eigenen Angaben überwiegend Trauben von Weiß-, Grau- und Spätburgunder gemeinsam abpresst und zu einem rosé bis lachsfarbenen Wein ausbaut. Weinkenner bevorzugen den leichten Schieler eigentlich als sommerlichen Terrassenwein. "Er macht aber auch im Weihnachtsgebäck eine gute Figur", sagt Schuh mit ein wenig Stolz. Natürlich könne man statt des spritzigen Schielers in der Adventszeit auch ein Gläschen Trockenbeerenauslese zum Stollen genießen oder ganz herkömmlich eine Tasse Kaffee.
Die Rosinen übrigens stammen keineswegs von den Meißner Steillagen des Winzers. Sächsischer Wein ist so knapp, dass nahezu jede verfügbare Beere in den Weinkellern vergoren wird. Schließlich sind an der Elbe nicht einmal in der Lesezeit einheimische Trauben zum Naschen übrig. An Rosinen verschwendet deshalb keiner der sächsischen Weinbauern auch nur einen Gedanken.
Rund 1.200 Winzerstollen werden in diesem Jahr in Coswig gebacken. Einen Teil davon verkauft der Bäcker selbst, die Mehrzahl allerdings geht über die Ladentische der beiden Vinotheken des Winzers oder werden über den Online-Weinshop verkauft. Am 3. Dezember laden Bäcker und Winzer gemeinsam ab 19.00 Uhr zur Kostprobe ihrer Kreation in die Vinothek am Meißner Markt ein.
dapd