Berlin. Nach der Anzeige wegen eines Songtextes leitet die Staatsanwaltschaft Mannheim kein Verfahren gegen Xavier Naidoo und Kool Savas ein: Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass sie sich strafbar gemacht hätten. Derweil äußerten sich auch die Musiker zur Kritik. Sie sehen ihr Lied “fehlinterpretiert“.

Die Staatsanwaltschaft Mannheim hat nach einer Strafanzeige kein Ermittlungsverfahren gegen die Musiker Xavier Naidoo und Kool Savas eingeleitet. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass sich Naidoo und Savas mit ihrem Song über Ritualmorde an Kindern strafbar gemacht hätten, teilte die Behörde am Donnerstag mit. Auch in Berlin und Hannover liegen noch Strafanzeigen vor; über sie war bis Donnerstagabend noch nicht entschieden.

Wie die Mannheimer Staatsanwaltschaft weiter mitteilte, beschreibt der Liedtext zwar in drastischen Worten, dass der Sänger gegenüber Menschen, die Kinder sexuell missbrauchen, körperliche Gewalt anwenden und diese auch töten würde. Eine Aufforderung, dass Hörer sich ebenso verhalten sollten, entdeckten die Strafverfolger nicht.

Xavier Naidoo und Kool Savas äußern sich via Facebook

Zudem sei für eine strafrechtlich erhebliche Aufforderung eine hinreichend konkrete Umschreibung der zu begehenden Straftaten erforderlich, und diese enthalte der Text nicht. Zur vorgeworfenen Gleichstellung von Homosexuellen mit Satanisten und Pädophilen stellte die Staatsanwaltschaft fest, dass im Lied keine Passage entdeckt worden sei, die den Anfangsverdacht der Volksverhetzung begründen könnte.

Dem Duo war von der Jugendorganisation der Linkspartei vorgeworfen worden, in dem sogenannten Hidden Track "Wo sind" ihres Nummer-eins-Albums "Gespaltene Persönlichkeit" zu schwerer Körperverletzung aufzurufen sowie Homosexualität und Pädophilie gleichzustellen.

Die Musiker hatten sich am Donnerstag erstmals gegen die scharfe Kritik gewehrt. "Ich möchte klarstellen, dass es nie die Absicht unseres Liedes war, Homosexualität und Pädophilie gleichzusetzen oder zur Gewalt gegen Menschen aufzurufen", erklärte Savas in einem Statement auf der Xavas-Facebook-Seite. "Was künstlerisch versucht wurde, war, die Verzweiflung und die Wut zum Ausdruck zu bringen, die ein Mensch genau in der Sekunde empfindet, in der er erfährt, dass ein Kind missbraucht wurde."

Homophobe Haltung "völlig inakzeptabel"

Naidoo betonte: "Ich stehe, seit ich denken kann, mit der katholischen Kirche auf Kriegsfuß, weil sie Schwule, Lesben und Transsexuelle nicht respektiert und akzeptiert. Diese Haltung ist völlig inakzeptabel, und wer gegen diese Menschen Verachtung und Hass aufbringt, der hat Jesus nicht verstanden."

Zudem erklärte Naidoo den umstrittenen Song, mit dem sich das Duo Xavas die Strafanzeige einhandelte, ausführlicher: "Ich beschäftige mich seit 1996 mit der Thematik, dies war kurz bevor der Fall Dutroux ans Licht kam. Seitdem dachte ich, wenn ich in meinem Leben eines erreichen möchte, dann, dass nie wieder Kinder auf diese furchtbare Weise ums Leben kommen."

Xavier Naidoo verweist auf eigene Erfahrungen mit Pädophilem

Naidoo sagte, er sei selbst im Alter von acht Jahren in die Hände eines pädophilen Mannes geraten und habe "in gewisser Hinsicht Verständnis für deren tragisches Schicksal, da sie Triebtäter sind. Und gegen ihren Trieb nichts ausrichten können".

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Mit Blick auf den Song "Wo sind", sagte er: "Im vorliegenden Fall von Ritualmorden an Babys oder Kindern komme ich an eine Grenze, an der man aktiv etwas tun möchte, und selbst zur Bestie wird, um sich einer menschlichen Bestie entgegen zu stellen." Und weiter: "Natürlich gilt der Ruf im Refrain unter anderem unseren aktuellen Führern, Politikern und Verantwortlichen in Medien, Polizei, Verfassungs- und sogar Staatsschutz. Es ist mir unverständlich, wie man das falsch interpretieren kann."

Er wolle, betonte Xavier Naidoo weiter, "das nötige Licht auf diese furchtbaren Verbrechen" lenken. In einem Radiointerview hatte er bereits im September gesagt, dass Ritualmorde an Kindern, um die es in dem Lied gehe, "ganz viel in Europa passieren". Im Internet kursieren allerdings zu diesem Thema in erster Linie Verschwörungstheorien, nicht selten tief verwurzelt im Antisemitismus.

ProSieben will an Naidoo als "The Voice"-Coach festhalten

Nicht zuletzt sorgte die aggressive Vulgärsprache des Liedes für Kritik. Im Song heißt es etwa: "Ich schneid euch jetzt mal die Arme und die Beine ab, und dann f**** ich euch in den Ar***, so wie ihr es mit den Kleinen macht. Ich bin nur traurig und nicht wütend. Trotzdem würde ich euch töten. Ihr tötet Kinder und Föten und ich zerquetsch euch die Klöten." Die anschließende Frage "Warum liebst du keine Möse, weil jeder Mensch doch aus einer ist?" hatten Kritiker als homophob aufgefasst.

Verbunden mit der Kritik an dem Song wurde auch die Forderung laut, ProSiebenSat.1 sollte Xavier Naidoo aus der Jury der Castingshow "The Voice of Germany" nehmen. Der Sender hatte die Forderung umgehend zurückgewiesen. Er sehe den Hintergrund des Liedes "hinreichend erklärt", teilte Sendersprecher Christoph Körfer mit und betonte: "Natürlich bleibt er Coach bei 'The Voice of Germany'." (dapd/we)