Madrid/Lissabon. . Bei Protesten gegen die Sparpolitik haben sich Demonstranten und die Polizei in Spanien und Italien zum Teil heftige Straßenschlachten geliefert. In Madrid schleuderten Demonstranten Steine und Flaschen auf die Beamten, die mit Schlagstöcken gegen die Protestierenden vorgingen. 74 Menschen wurden verletzt.

Europaweite Proteste hunderttausender Menschen gegen die harten Sparmaßnahmen zur Bekämpfung der Finanzkrise haben sich am Mittwoch teilweise in Gewalt entladen. Erstmals legte ein 24-stündiger Generalstreik das öffentliche Leben auf der gesamten iberischen Halbinsel lahm. Die Gewerkschaften sprachen von Millionen Streikenden.

Der Verkehr in Spanien und Portugal kam zum Erliegen, Flüge wurden gestrichen, Schulen und Fabriken geschlossen. Streikposten positionierten sich vor Fabriken, Geschäften, Großmärkten und Bahnhöfen der größeren spanischen Städte, für U-Bahnen und Busse galt nur noch ein Notbetrieb. Der Streik richte sich gegen „die Regierung der Arbeitslosigkeit und des Elends“, sagte der Generalsekretär der Gewerkschaft CCOO, Ignacio Fernández Toxo.

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Von Gerd Niewerth, Ralph Schulze und Paul Kreiner

Als in Madrid hunderte Demonstranten eine Polizeiabsperrung durchbrechen wollten, schlugen Bereitschaftspolizisten mit Schlagstöcken auf sie ein und gaben mit Gummigeschossen Warnschüsse in die Luft ab. Landesweit wurden nach Angaben des Innenministeriums 34 Menschen bei Zusammenstößen verletzt, darunter 18 Polizisten. Mehr als 80 Menschen wurden festgenommen. Am Abend beteiligten sich in Madrid hunderttausende Menschen an einer Großkundgebung.

Züge in Portugal bestreikt

EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn würdigte die Kürzungspolitik von Ministerpräsident Mariano Rajoy und erklärte, derzeit seien für 2012 und 2013 in Spanien keine weiteren Sparmaßnahmen erforderlich.

In Portugal wurden ebenfalls U-Bahnen und Züge bestreikt, die Fluggesellschaft TAP annullierte fast die Hälfte ihrer Flüge. In Krankenhäusern legten bis zu 90 Prozent der Beschäftigten die Arbeit nieder, überall blieb der Müll liegen. Auf Spruchbändern forderten Demonstranten „Raus mit der Troika“, um gegen die Sparvorgaben der internationalen Geber aus EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds zu protestieren. Am Abend ging die Polizei vor dem Parlament in Lissabon mit Schlagstöcken gegen Demonstranten vor, die mit Müll und Steinen warfen.

Polizist zusammengeschlagen

In Turin wurde am Rande einer Kundgebung ein Polizist von Randalierern zusammengeschlagen und schwer verletzt. Landesweit gab es bei der italienischen Polizei nach Behördenangaben 17 Verletzte.

In Frankreich wurde unter anderem der europäische Hochgeschwindigkeitszug Thalys bestreikt. Alle Verbindungen von und nach Deutschland waren gestrichen. Demonstrationen gab es in Paris, Marseille und anderen Städten.

Protestaktionen fanden auch in Griechenland, Belgien, Polen und Deutschland statt. DGB-Chef Michael Sommer plädierte für eine stärkere Beachtung des sozialen Ausgleichs bei der Bewältigung der Schuldenkrise. Notwendig sei ein „umfassendes Wachstums- und Investitionsprogramm“.