München. . Die Totenschädel stapeln sich am Wegesrand, die Ferkel drehen sich beim Fress- und Saufgelage am Spieß, zerlumpte Huren nehmen auf willigen Ritterschößen Platz: In „Das Vermächtnis der Wanderhure“ geht es einmal mehr sinnfrei durchs Mittelalter. Mal wieder in der Hauptrolle: Alexandra Neldel.

Als König kann man sich nicht alle Frechheiten gefallen lassen. Und so beendet der genervte Sigismund das Gewitter aus Flüchen und Drohungen, indem er der tobenden Blondine einfach mal einen Dolch ins Dekolleté schleudert. Die Getroffene sinkt ganz dekorativ ins Wasser und ist endlich still, noch bevor sie „Weh mir“ sagen kann. Warum sie da überhaupt reingegangen ist, weiß kein Mensch, aber wer sich auf irgendeine Sinnsuche machte, wenn Sat.1 das Mittelalter ins Bild setzt, kann gleich umschalten: „Das Vermächtnis der Wanderhure“, die Prognose darf man wagen, wird heute um 20.15 Uhr trotzdem Millionen vor den Fernseher locken.

"Das Vermächtnis der Wanderhure" ist ein Historienschinken eines Schriftstellerpaars

Zum dritten Mal buhlt Alexandra Neldel als schöne, starke Marie um die Gunst der Quote, und aus den schlichten Historienschinken des Schriftstellerpaars Iny Klocke und Elmar Wohlrath ließen sich sicher noch ein paar Fortsetzungen stri­c­ken, wenn der Sender es denn irgendwann doch noch wollte. „Die Enkel der Wanderhure und ihre Freunde“ zum Beispiel. Der Mix aus Blut und Dreck, Sex und Tränen, aus hübschen Frauen und finsteren Gesellen lockt die Massen. Selbst wenn er so angerührt wird wie von Thomas Nennstiel, der den Film zielsicher auf den Scheiterhaufen dirigiert.

Marie ist zwar von der Wanderhure zur Hofdame aufgestiegen, muss aber wieder leiden. Ein Superbiest namens Hulda von Hettersheim (Julie Engelbrecht) klaut ihr das Baby und präsentiert es ihrem Liebhaber (Götz Otto) als Thronfolger. Der ist zwar König, aber sonst ein bisschen doof und kauft ihr das plumpe Täuschungsmanöver ab.

Die Totenschädel stapeln sich am Wegesrand

Die Pech-Marie wird zu allem Übel auch noch als Haremskandidatin vom Ziehsohn eines Tatarenfürsten (Michael Steinocher) entführt. Der will mit seinen Leuten gleich mal das ganze Reich plattmachen, um die Ermordung seiner Eltern zu rächen. Und Maries Gatte (Bert von Tischendorf), der ­ke­cke Recke vom Dienst sozusagen, hat irgendwie den Überblick verloren. Dabei ist die Orientierung simpel: Die Bösen haben in der Regel fleckige Haut und schlechte Zähne. Oder Schlitzaugen. Und Maries Michel müsste doch wissen: Am Ende wird alles gut.

So wird zwei Stunden lang fleißig geritten, geraubt, gevierteilt und gemeuchelt. Die Totenschädel stapeln sich am Wegesrand, die Ferkel drehen sich beim Fress- und Saufgelage am Spieß, zerlumpte Huren nehmen auf willigen Ritterschößen Platz, und wer den Mund aufmacht, sagt Sätze wie: „Wer ist da, Tod und Teufel?“

Ach ja, das Mittelalter. Hier wirkt es allerdings so authentisch wie ein historischer Handwerkermarkt in Husum. Selbst die laut Filmproduktion echten Mongolen-Statisten erinnern eher an eine Fußtruppe beim Rosenmontagszug als an furchteinflößende Krieger.

Humorlose Laienspielschar

Für die größte Komik sorgen indes die Schauspieler, die sich als furchtbar humorlose Laienspielschar entpuppen. Sie bringen Sprüche wie „Auf dass es Blut regne!“ mit einer solchen Inbrunst hervor, dass man nicht weiß, ob man lachen oder heulen soll. Besonders Julie Engelbrecht erzeugt unfreiwillige Heiterkeit am Fließband. Ihren Domina-Ton hat sie vermutlich bei den nächtlichen TV-Werbespots einschlägiger Telefondienste abgekupfert. Und wenn sie den Kerlen auf dem Lotterbett mit ihren Krallen die Haut aufreißt, hampelt sie dabei herum, als hätte sie sich auf ein Rodeo verirrt.

Man sehnt Kermit, den Frosch herbei, um die beruhigende Bestätigung dafür zu bekommen, dass man doch in der Muppetshow gelandet ist. So viel sei verraten: Er lässt sich nicht blicken.