Berlin. Im Verfahren um die Neonazi-Mordserie steht die Bundesanwaltschaft kurz vor der Anklage gegen Beate Zschäpe und vier weitere Beschuldigte. Einem Zeitungsbericht zufolge ist die mehrere hundert Seiten lange Anklageschrift bereits auf dem Weg zum Oberlandesgericht München.

Ein Jahr nach Auffliegen der Terrorgruppe NSU steht die Bundesanwaltschaft unmittelbar vor der Anklageerhebung gegen die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe und weitere Beschuldigte. Ein Sprecher der Bundesanwaltschaft wollte am Dienstag aber einen Bericht des "Tagesspiegels" nicht bestätigen, wonach die Anklage vor dem Oberlandesgericht München bereits erhoben sei. Die Bundesanwaltschaft beabsichtige aber, "in Kürze Anklage gegen mehrere Beschuldigte im NSU-Verfahrenskomplex zu erheben", sagte er. Die Zeitung berichtete vorab, dass neben Zschäpe vier weitere Personen angeklagt würden.

Nach Informationen der Zeitung hat Generalbundesanwalt Harald Range die mehrere Hundert Seiten umfassende Anklageschrift gegen den "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) jetzt unterschrieben. Die Anklageschrift werde seit Dienstag zusammen mit über 1.000 Ordnern voller Ermittlungsakten an das Oberlandesgericht München geschickt, berichtete der "Tagesspiegel" weiter. Dort werde sich der Staatsschutzsenat unter dem Vorsitzenden Richter Manfred Götzl mit dem Fall befassen.

Bundesanwaltschaft will noch keine weitere Auskunft geben

Ein Sprecher des Oberlandesgerichts erklärte, er wisse noch nichts von der Anklageerhebung. Laut Paragraf 170 der Strafprozessordnung (StPO) wird eine Anklage "durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht" erhoben.

Der Sprecher der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe, Marcus Köhler, sagte, dass die Behörde erst dann die Öffentlichkeit über die Anklageerhebung unterrichten werde, wenn die Anklageschrift an die Beschuldigten und Verteidiger zugestellt worden sei. "Mit Blick auf das Gebot des fairen Verfahrens sowie der Rechte der Beschuldigten und der Nebenkläger verbieten sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedwede weitere Auskünfte", sagte Köhler.

Seit Wochen war spekuliert worden, dass das OLG München zuständig sein würde, weil in Bayern ein räumlicher Schwerpunkt der NSU-Taten liegt. Fünf der zehn Morde wurden im Freistaat begangen - drei in Nürnberg und zwei in München.

NSU soll zehn Morde begangen haben

Die rechtsextreme Terrorgruppe NSU wird für bundesweit neun Morde an ausländisch stämmigen Kleinunternehmern, einen Mord an einer Polizistin in Heilbronn, zwei Sprengstoffanschläge und zahlreiche Banküberfälle verantwortlich gemacht. Die Terroristen zogen knapp 14 Jahre unbehelligt von Polizei und Verfassungsschutz durch die Bundesrepublik.

Die Gruppe flog erst auf, nachdem die beiden NSU-Mitglieder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt am 4. November 2011 nach einem Banküberfall im thüringischen Eisenach, von der Polizei verfolgt, Selbstmord begingen. Das mutmaßlich dritte Mitglied der Gruppe, Zschäpe, stellte sich wenige Tage später der Polizei.

Zu den vier weiteren Angeklagten zählt laut "Tagesspiegel" auch der mutmaßliche NSU-Unterstützer und frühere NPD-Funktionär Ralf Wohlleben. Auch er sitzt derzeit in Untersuchungshaft.

Vor rund einem Jahr - am 11. November 2011 - hatte die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen an sich gezogen. Insgesamt gibt es in dem Verfahren 13 Beschuldigte. Parlamentarische Untersuchungsausschüsse im Bundestag, in Thüringen, Sachsen und Bayern befassen sich mit den offenkundigen jahrelangen Ermittlungspannen in diesem Fallkomplex. (dapd)