Dachau.. Nach dem Mord an einem Staatsanwalt im Amtsgericht Dachau hat der mutmaßliche Pistolenschütze am Dienstag vor Gericht ein Geständnis abgelegt. Der 55-Jährige erklärte, er habe sich an der Justiz rächen und auch den Richter erschießen wollen. Der Angeklagte verfolgte den Prozess im Krankenbett.

Im Prozess wegen der tödlichen Schüsse im Amtsgericht Dachau hat der Angeklagte ein umfassendes Geständnis abgelegt. "Ich habe den Staatsanwalt erschossen und den Richter wollte ich erschießen, aber bin nicht mehr dazu gekommen", sagte Rudolf U. am Dienstag vor dem Landgericht München aus. Der beinamputierte 55-Jährige, der auf einem Krankenbett liegend an der Verhandlung teilnahm, widersprach der Anklageschrift jedoch dahin gehend, dass er auch seine eigene Rechtsanwältin sowie den Protokollführer habe erschießen wollen.

Gefragt nach dem Motiv verwies U. auf die aus seiner Sicht ungerechte Behandlung bei vorausgegangenen Gerichtsprozessen. "Ich bin 19 Mal verurteilt worden, das war nicht rechtens", sagte er. Auf die Frage des Vorsitzenden Richters Martin Rieder, ob dies rechtfertige, andere Menschen umzubringen, entgegnete der Angeklagte erregt: "Sie haben zwei Instanzen und verlieren - was machen's dann? Sie verlieren 150.000 Euro und nehmen's einfach hin?"

U. ist des Mordes sowie des dreifachen Mordversuchs angeklagt. Der Transportunternehmer hatte sich im Januar vor dem Dachauer Amtsgericht wegen nicht bezahlter Sozialversicherungsbeiträge verantworten müssen. Bei der Urteilsverkündung zog er eine Pistole, feuerte um sich und traf den 31-jährigen Staatsanwalt Tilman T. tödlich. Der Richter, der Protokollführer und die Anwältin waren in Deckung gegangen.

"So macht ihr weiter und weiter"

Er habe nichts gemacht, sagte U. mit Verweis auf die Anklage wegen Sozialversicherungsbetrugs. Auf die wiederholte Nachfrage des Richters, ob dies das Töten von Menschen rechtfertige, empörte sich U., wurde laut und unterbrach Rieder: "Ich habe die 150.000 Euro einfach abgenommen bekommen - warum, warum? So macht ihr weiter und weiter, das ist genau der Stil, den ich mir vorgestellt habe."

U. ist des Mordes sowie des dreifachen Mordversuchs angeklagt. Der Verlesung der Anklageschrift hörte er weitgehend regungslos zu. Staatsanwältin Nicole Selzam warf dem 55-Jährigen vor, ihren Kollegen Tilman T. aus niedrigen Beweggründen und heimtückisch getötet zu haben. Dabei habe er sich "in krasser Eigensucht über das Lebensrecht anderer Personen" hinweggesetzt.

Zuvor hatte die Strafkammer das persönliche Erscheinen des Angeklagten angeordnet, weil der schwer Zuckerkranke, dem in der Untersuchungshaft beide Beine abgenommen worden waren, überraschend für verhandlungsfähig erklärt wurde. Zum Prozessauftakt am Montag hatte der Mann gefehlt, da er abermals operiert werden musste. Das Gericht beschloss daraufhin, notfalls auch ohne den Angeklagten zu verhandeln. (dapd)