Berlin/München. Mit seinem Drogentest der anderen Art in einer TV-Show hat sich FDP-Fraktionsvize Martin Lindner Kritik von Parteifreunden und anderen Politikern auf sich gezogen. Moderator Benjamin von Stuckrad-Barre hat ihm in seiner Sendung auf Tele 5 einen Joint angeboten - und der Politiker probierte.
Der TV-Auftritt von Martin Lindner, bei dem der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende an einem Joint gezogen hatte, sorgt für Aufregung: Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Lindners Parteifreundin Mechthild Dyckmans, rügte den 48-Jährigen heftig für seinen öffentlichen Cannabiskonsum. Er verharmlose damit die Gefahren. Sie erhielt Zustimmung von der drogenpolitischen Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion Angelika Graf. Sie nannte Lindners Fernsehauftritt fahrlässig.
Lindner hatte in der Tele 5-Sendung "Stuckrad-Barre", die am Donnerstagabend ausgestrahlt werden sollte, einen Joint angeboten bekommen, daran gerochen und erst einmal Zweifel an der Echtheit geäußert. Dann zog er an ihm. Auf dapd-Anfrage erklärte Linder, wer zweifle, müsse schließlich auch testen. Ob der Joint tatsächlich Marihuana enthielt, konnte Lindner dennoch nicht sagen. "Dafür fehlt mir die Erfahrung. Ich kann es aber nicht ausschließen."
"Die FDP wieder zur Spaßpartei machen"
Die Drogenbeauftragte Dyckmans sagte am Donnerstag in Berlin, Lindner habe als Abgeordneter eine besondere Verantwortung und Vorbildfunktion. "Eine Verharmlosung des Cannabiskonsums in der Öffentlichkeit sendet ein völlig falsches Signal aus", betonte Dyckmans. Cannabis sei schließlich eine illegale Droge und unterliege dem Betäubungsmittelgesetz. Außerdem sei Cannabis "gesundheitlich eben nicht unbedenklich". Es gingen gerade für Jugendliche und junge Erwachsene erhebliche gesundheitliche Gefahren aus, sagte Dyckmans weiter. Dies belegten gestiegene Behandlungszahlen in den Suchthilfeeinrichtungen.
SPD-Politikerin Graf war Lindner durchsichtiges Handeln vor: "Er will die FDP wieder als Spaßpartei etablieren." Es sei allerdings grenzwertig und sogar fahrlässig, dies mittels eines TV-Auftritts zu tun. Cannabiskonsum könne schließlich gefährlich sein, sagte Graf weiter. Außerdem sei sein Handeln eine Missachtung für die Arbeit von Dyckmans: "Wenn ich die Drogenbeauftragte der Bundesregierung wäre, würde ich mit ihm ein ernstes Wörtchen reden", sagte Graf der dapd.
Grüne und Linke loben Kiff-Auftritt
Der Sprecher für Drogen- und Suchtpolitik der Grünenfraktion im Bundestag, Harald Terpe, wiederum begrüßte Lindners Aktion. Das Beispiel zeige, dass Cannabis längst eine Alltagsdroge und in der Mitte der Gesellschaft angekommen sei. Er wünsche sich, dass die FDP die nötigen Schlüsse ziehe und sich für eine weniger ideologische Drogenpolitik einsetze. Seine Hoffnung sei allerdings gering: "Die FDP ist derzeit eine starke Stütze der herrschenden repressiven Drogenpolitik", sagte Terpe.
Frank Tempel, der drogenpolitische Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, freute sich ausdrücklich über Lindners Cannabiskonsum. Er sagte: "Ich finde es bemerkenswert. Er setzt gewissermaßen ein Signal." Vor allem positioniere sich Lindner damit gegen seine Parteikollegin Dyckmans, die nicht Drogenbeauftragte, sondern "Stillstandsbeauftragte" sei. (dapd/we)