London. . Die 14-jährige Malala hat einen Anschlag der Taliban überlebt. Zwei Kugeln trafen sie in den Kopf und in den Rücken. Auf Kosten der pakistanischen Regierung wurde das Mädchen, das Opfer eines Anschlages wurde, weil sie für ihr Recht auf Bildung eintrat, jetzt zur Behandlung nach Großbritannien geflogen.

Es sind die Gesichter, die uns die Geschichten nahebringen, vor allem dann, wenn sie ganz weit weg sind, manchmal auf der anderen Seite des Globus. Geschichten, die Freude oder Empörung in uns auslösen. Bilder, die zu Symbolen werden. Ein hübsches Mädchen auf einer Krankenbahre, die Augen geschlossen, die Stirn unter Verbandszeug versteckt. Jeder Fernsehsender hat das Gesicht gezeigt.

14 Jahre alt ist Malala Yousafzai, und über das Schicksal, das sie durchlebt, spricht die Welt zumindest in diesen Tagen. Plötzlich ist auch Pakistan ganz nah. Malala hat einen Anschlag der Taliban überlebt. Gestern ist sie auf Kosten der pakistanischen Regierung mit einem Sanitätsflugzeug der Vereinigten Arabischen Emirate nach Großbritannien geflogen worden, wo sich englische Ärzte ihrer annehmen werden. Die Entscheidung, sie ins Ausland zu verlegen, hätten die Militärärzte in Beratung mit internationalen Experten sowie mit ihrer Familie getroffen, ließ das Militär verlauten.

Seelisches und körperliches Trauma

Die tragische Geschichte dieses Mädchens könnte dort ein einigermaßen versöhnliches Ende nehmen. Auch wenn niemand voraussagen kann, wie lange es dauern wird, bis sich die 14-Jährige von den körperlichen und seelischen Folgen des erlittenen Traumas erholt hat. Und die Taliban, die ihr nach dem Leben trachten, werden ihr eine Rückkehr in die Heimat vorerst vermutlich unmöglich machen. In welche Klinik sie kommt, verriet das britische Außenministerium gestern nicht. „Malalas Tapferkeit, für das Recht aller jungen Mädchen in Pakistan auf Bildung einzutreten, ist ein Beispiel für uns alle“, lobte Außenminister William Hague und versicherte Pakistan den Schulterschluss seines Landes im Kampf gegen den Terror.

Der Mut des Mädchens imponiert freilich nicht nur ihm. Schon als Elfjährige hatte Malala in einem Tagebuch für den britischen Sender BBC die Schrec­kensherrschaft der islamistischen Extremisten in ihrem heimatlichen Swat-Tal geschildert. Ein Kind bietet den bärtigen Fanatikern die Stirn. Eine lebensgefährliche Idee, die Malala im vorigen Jahr eine Nominierung für den Internationalen Kinder-Friedenspreis einbrachte. Sie forderte mehr Rechte für Mädchen, mehr Bildung in einer Region, wo fast nur Jungen in die Schule gehen. 2009 hatten die Taliban ein Schulverbot für Mädchen erlassen; wer so wissbegierig war wie Malala, lebte nicht ungefährlich. Ihr Wunsch: einmal Ärztin zu werden.

Ein Kopfgeld von mehr als 100.000 Dollar auf die Täter ausgesetzt

Auf dem Heimweg von der letzten noch offenen Mädchenschule im Swat-Tal passierte es in der vergangenen Woche dann. Sie stieß auf eine Gruppe von Männern, die nach ihrem Namen fragte. „Malala“, habe sie gesagt, berichten ihre beiden Schulfreundinnen. Darauf eröffneten die Männer das Feuer. Zwei Kugeln trafen die 14-Jährige, eine im Kopf, die andere am Rüc­ken. Zwei weitere Mädchen wurden verletzt. Ein gezielter Angriff, denn kurz darauf bekannte sich ein lokaler Arm der selbsternannten Gotteskrieger zu der Tat. Begründung: Sie sei zu pro-westlich gewesen. Die Antwort darauf ist Gewalt.

Nachdem Ärzte ihr die Kugel aus dem Schädel operiert hatten, bezeichneten sie den Gesundheitszustand des Mädchens als stabil, ob es bleibende Schäden davongetragen hat, werden wohl erst die britischen Kollegen feststellen. In Pakistan hatte der Anschlag auf die junge Taliban-Kritikerin immerhin Empörung ausgelöst und auch Hoffnungen geweckt, dass die Regierung nun härter gegen die Radikalislamisten und deren Verbündete vorgeht. Sie hat ein Kopfgeld von mehr als 100.000 Dollar auf die Täter ausgesetzt. Mehrere Männer wurden verhaftet. Ob es die Gesuchten sind, ist unklar.