Köln. . Neu im Kino: „Looper“ ist ein kluges Science-Fiction-Drama. Statt mit Computer-Tricksereien beeindruckt Rian Johnsons Film durch seine Logik, und die ist stimmig bis ins kleinste Detail. Bruce Willis wandelt sich vom Opfer zu einem Verbohrten mit Mission.

Es gibt Science-Fiction-Filme, die den Zuschauer schon allein mit ihrer Ausstattung und ihrem Schwelgen in Computer-Tricksereien verblüffen wollen. Zu dieser Sparte gehört Rian Johnsons „Looper“ ganz und gar nicht.

Hier sieht Kansas im Jahre 2044 kaum anders aus als heute, vielleicht mit dem Unterschied, dass die Straßen noch stärker bevölkert sind von Menschen, die sichtbar um ihr tägliches Überleben kämpfen müssen – die Schere zwischen Reich und Arm ist schier gigantisch geworden. Doch die soziale Kluft ist eigentlich nicht das Thema des Films, tatsächlich geht es hier um das Phänomen der Zeitreise, um damit verbundene moralische Probleme, letztendlich auch um Fragen nach Opferbereitschaft und Verantwortung.

Eine Zeitreise in die Zukunft

Noch drei Jahrzehnte weiter in der Zukunft hat man das Problem der Zeitreise inzwischen zwar gelöst, den Vollzug selbst aber unter hohe Strafe gestellt. Die Mafia-Syndikate aber, die anscheinend niemals auszurotten sind, benutzen die Zeitreise illegal, um sich unliebsamer Zeitgenossen zu entledigen. Man schickt sie einfach als verschnürtes Paket um 30 Jahre zurück, wo sie von einem rekrutierten „Looper“ auf der Stelle am Rande eines Maisfelds liquidiert und entsorgt werden.

Diese modernen Henker werden fürstlich mit Silber entlohnt, führen ein Leben zwischen Partys und Drogen, müssen aber gewahr sein, dass sie nach 30 Jahren selbst die Reise antreten. Man nennt das „einen Loop schließen“, denn Mitwisser kann die Unterwelt nicht gebrauchen.

Die Komplikationen beginnen, als der Looper Joe (Joseph Gordon-Levitt) sich plötzlich seinem älteren Ich (in Gestalt von Bruce Willis) gegenübersieht. Der Moment des Zögerns reicht, um dem alten Joe die Flucht zu ermöglichen. Ab sofort gilt die Hetzjagd beiden Altersstufen eines Mannes, während der Killer und sein Delinquent aller Widrigkeiten zum Trotz eine Zweckgemeinschaft bilden. Die hält jedoch nur so lange, bis der junge Joe die wahren Absichten seines älteren Ichs erkennt.

Der Tyrann ist noch ein Kind

Während Filme mit Zeitreise-Thematik oft durch ihre Unbekümmertheit verblüffen, mit der Paradoxa einfach negiert werden, so stimmt die Logik in Rian Johnsohns Film bis auf das letzte, bestürzende Bild. Alles ist derart klug durchdacht, dass keine Ungereimtheiten den gerade im zweiten Teil anstehenden großen Fragen von Raum und Zeit in den Rücken fallen können. Hier zieht der Film mit dem Erscheinen der allein erziehenden Mutter Sara (Emily Blunt) und ihrem Sohn Cid den Spannungsbogen noch einmal kräftig an.

Denn plötzlich gibt der alte Joe auch seine Absicht preis, die unterjochte Zukunft durch einen Tyrannenmord zu befreien, auch wenn der Tyrann derzeit noch ein Kind ist. Mit ähnlichen Absichten ist einst auch der Terminator in die Vergangenheit geschickt worden. Von dem Massenmord eines Herodes in der Bibel ganz zu schweigen.

Rian Johnson - Autorenfilmer von begnadeter Rafinesse

Zum wiederholten Male erweist sich Rian Johnson als Autorenfilmer von begnadeter Rafinesse. Nach seinem Erstling „Brick“, einem „Film noir“ im Teenie-Milieu, und dem Trickbetrüger-Schicksal „Brothers Bloom“ hat er jetzt das große Kino erreicht, ohne sich zu verkaufen. Mit 30 Millionen Dollar Produktionskosten ist dies geradezu ein Sparpaket im Vergleich etwa mit Len Wisemans Remake von „Total Recall“ (etwa 150 Millionen).

Dafür stellt Johnson die komplexeren Fragen und kann handfeste Charaktere vorweisen, die in der Tat Entwicklungen durchmachen. Aus Gordon-Levitts Killer ist am Ende ein Sympathieträger voller Opfermut geworden. Und aus dem vermeintlichen Opfer Bruce Willis erwächst ein Verbohrter mit einer Mission. Großartig.

  • Wertung: fünf von fünf Sternen