Washington. . Im Alter von 15 Jahren wurde der Kanadier in Guantanamo inhaftiert. Nun ist er 26 Jahre alt und wird in eine Haftanstalt in seinem Heimatland verlegt. Sein Anwalt sagt: „Er kann noch immer nicht glauben, dass er wieder zu Hause ist.“

Er ist der einzige Mensch auf der Welt, der seine komplette Jugend im amerikanischen Terror-Gefangenenlager Guantanamo verbringen musste. Seit dem Wochenende ist Omar Khadr, inzwischen 26 Jahre alt, wieder in seiner kanadischen Heimat. Mit seiner Überstellung endet ein jahrelanger Kampf, an dem Menschenrechts-Organisationen wie „Amnesty International“ bis heute das aus ihrer Sicht praktizierte Unrecht in dem Hochsicherheitsgefängnis auf der Karibikinsel Kuba festmachen.

Vater war ein Vertrauter von Bin Laden

Khadr war 15 Jahre alt, als er im Juli 2002 in Afghanistan schwer verletzt festgenommen wurde. Er soll bei einem Feuergefecht den US-Sanitäter Christopher Speer mit einer Handgranate getötet haben. Khadr verlor dabei das linke Augenlicht. Sein Vater galt als enger Vertrauter des damaligen El-Kaida-Chefs Osama Bin Laden und wurde 2003 in Afghanistan getötet. Wie Hunderte Terror-Gefangene, so wurde auch Khadr seither in Guantanamo festgehalten. Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe lauteten Mord, versuchter Mord, Verschwörung, sowie Unterstützung einer terroristischen Vereinigung und Spionage.

Laut „Human Rights Watch“ wurde sein späteres Geständnis durch Folter erzwungen. Am Rande des Militärtribunals vor zwei Jahren, bei dem Khadr symbolisch zu 40 Jahren Gefängnis verurteilt worden war, sagten seine Anwälte, der damals als „Kindersoldat“ durch die Weltpresse gegangene Khadr sei mit Vergewaltigung bedroht worden. Man habe ihn außerdem regelmäßig verprügelt, mit kaltem Wasser bespritzt und bellenden Hunden ausgesetzt.

Entschuldigung bei der Witwe

Khadr erklärte sich 2010 für schuldig und entschuldigte sich persönlich bei der Witwe Speers. Bei der Verurteilung wurde dies als strafmildernd berücksichtigt. Da stand bereits fest, dass der aus Pakistan stammende junge Mann, der als Kind nach Toronto kam, ausgeliefert wird, sobald Kanada dies beantragt. Die konservative Regierung von Stephen Harper zögerte den Schritt lange hinaus, wehrte sich bis zum Schluss und begründete dies mit dem Verweis auf den von der Anklage bestellten Gutachter Michael Welner.

Der Psychiater hatte Khadr eine „unveränderte Gefährlichkeit“ attestiert, da er sich während des Strafvollzugs ein Jahrzehnt lang im Dunstkreis militanter Islamisten aufgehalten habe. Sein Gegenpart Stephan Xenakis, ein von der US-Armee der Verteidigung zugeordneter Pflicht-Psychologe, stellte nach über 200 Stunden Gesprächen mit Khadr, der in der Haft unter anderem das Werk Shakespeares studiert hat, das komplette Gegenteil fest. Er prophezeite dem Dauerhäftling gute Chancen für eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft.

Vorläufig im Hochsicherheitsgefängnis

Ob und wann es dazu kommt, ist offen. Vorläufig ist Khadr im Hochsicherheitsgefängnis Millhaven/Ontario untergebracht. Binnen eines Jahres kann er nach Angaben seines Anwalts John Norris, die der zuständige Minister Vic Toews bestätigte, zum ersten Mal die vorzeitige Entlassung aus der Haft beantragen. „Khadr muss sich immer wieder kneifen“, sagte Norris dem Sender NBC, „er kann noch immer nicht glauben, dass er wieder zu Hause ist.“

In Guantanamo sitzen noch 166 Häftlinge ein. Darunter sind mindestens 55 Männer, die laut US-Regierung in ihre Heimatländer abgeschoben werden könnten. Noch will sie niemand aufnehmen.